Idee, Floristik
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Ikebana zum Neujahr: Kiefer, Bambus, Pflaume

Mein Ikebana zu Neujahr

Habe ich dir schon alles Gute zum neuen Jahr gewünscht? Ja, aber noch nicht auf japanisch. Dann wird es höchste Zeit, Akemashite omedetô gozaimasu! あけましておめでとうございますzu sagen. Auf berlinsch: Es ist eröffnet – herzlichen Glückwunsch – wobei “es” das neue Jahr ist.

Du ahnst schon, womit ich mir mal wieder die Zeit vertrieben habe? Genau, mit Ikebana. Kann man wirklich besser ins neue Jahr starten? Mein Mann schon: mit ausschlafen. Mein Kind auch: mit YouTube gucken. Aber ich: mit einem Ikebana-Workshop der Sogetsu-Schule. Wobei dieses Mal höchste Schwierigkeitsstufe angesagt war, da es galt, das Gefäß selbst zu fertigen. Zu falten. Als Origami! Für das Programm “Schachtel falten, Bento-Box futtern, Neujahrs-Ikebana für die Schachtel entwerfen” hatten wir fünf Stunden Zeit. Das klingt doch fast wie ein Meditationsmarathon, oder? Aber ich wollte ja auch dringend Auszeit vom Smartphone.

Ich habe wieder viel gelernt. Dass die japanische Familie sehr gläubig oder zumindest traditionsverhaftet ist. Im Shintoismus glaubt man, dass zum Jahreswechsel die Neujahrgottheiten Toshigami das Haus besuchen. Sie werden daher vor der Haustür mit Kadomatsu begrüßt, in denen sie sich niederlassen können: Gestecken aus Bambus, Kiefer und Pflaume, die mit Reisstroh arrangiert werden. Das soll für Wohlstand, Beständigkeit und ein langes Leben sorgen. Und damit nichts schief geht, hat meine Ikebana-Lehrerin auch noch Gold dabei gehabt, was nicht nur für Reichtum, sondern auch ein Dasein auf der hellen Seite des Lebens bringen soll.

Ich war sehr zufrieden, mich für diesen Workshop entschieden zu haben.

Origami – Schachteln falten.

Vor den Wohlstand hatte das Workshop-Team noch das Falten gesetzt. Ich gestehe, dass diese Art von Bastelei für mich hart an der Grenze des Aushaltbaren ist. Bei so viel geforderter Genauigkeit und Frickelei komme ich schnell an den Rand meiner Entschleunigungsfähigkeit. Wenn da was nicht so will wie ich, so ein dummes Stück Papier … grmpf.

Ich kann dir daher nicht noch schnell ein eigenes Schritt-für-Schritt-Tutorial bieten, das hätte ich heute nicht schon wieder geschafft. Ich greife einfach auf diesen Origami-Link zurück, mit dem ich irgendwann auch noch einmal ein Schächtelchen basteln werde. Denn Spaß macht es ja schon, man muss nur akribisch vorgehen. Für den Einkaufszettel kann ich dir aber schon mal extakt quadratische Papierbögen ans Herz legen. Unsere hatten eine Kantenlänge von 15 cm, die gibt es vorgefertigt im Bastelbedarf.

Neujahrs-Ikebana.

An Materialien für das göttergerechte Ikebana gab es alles, was das fürs Fernöstliche schwärmende Herz begehrt: Bambus in unterschiedlichen Stärken samt japanischen Bambussägen, brandenburgische Kiefer und Strandhafer in drei verschiedenen Varianten. Letztere sollten die fehlende Pflaume wettmachen, daher habe ich mich für die Exemplare in violett entschieden. Der Reisstroh-Lieferant war ein altmodischer Kehrbesen – die Ikebana-Ladys wissen sich zu helfen. Gold konnte entweder als Draht, Notfall-Folie, Sprühlack oder Mizuhiki (spezielle japanische “Festtagsfäden”) zugegeben werden. Ich schnappte mir die Mizuhiki, bei denen eine Hälfte silber, die andere golden schimmerte. Dass alles trockene Zutaten waren, versteht sich bei den Papierschachteln von selbst. Die Ergebnisse waren am Ende trotz der gleichen Materialien wieder total verschieden. Das ist das Faszinierende am Ikebana.

Zentral in meinem Kadomatsu war ein dicker Bambusring, gefüllt mit Reisstroh, den ich auf eine einheitliche Höhe gestutzt hatte. Mit den Mizuhiki konnte ich drei Kieferzweige befestigen, die ich bis auf die Spitzen entnadelt hatte, sodass sie ein wenig wie Palmen wirken. Als letztes habe ich die Schachtel mit lila Statice gefüllt – stellvertretend für die Pflaumenblüten und farblich passend zum Muster meines Schächtelchens.

Hier bei mir zu Hause erfreue ich mich sehr an dem kleinen stillen Ensemble, das noch vom Origami-Kranich, der für Frieden steht, ergänzt wird. Schade eigentlich, dass ich das Kadomatsu Mitte Januar verbrennen muss, um die Toshigami wieder freizulassen. Hoffentlich lasse ich dabei ansonsten nichts anbrennen…

Alle Fotos vergrößern sich durch anklicken.

9 Kommentare

  1. Liebe Xenia,
    mein Favorit ist ganz klar das Bambus-Ensemble, es wirkt so filigran. Ich liebäugle mit einen Kokedama-DIY-Projekt dieses Jahr, mal sehen, ob ich mich dazu durchringen kann, neben all der Schreiberei. Ich wünsche Dir ganz viel Glück und Inspiration für 2018!
    Herzliche Grüße, Carla

  2. Steffi sagt

    Liebe Xenia,
    als shintoistische Gottheit würde ich mich gleich für das ganze Jahr glückverströmend in Deinem Arrangement einrichten und wäre sehr stolz hier zu residieren.
    Ich kann gut verstehen, warum es Dich zum Ikebana hinzieht und das auch oder erst recht am Neujahrstag.
    Herzliche Grüße
    von Steffi

  3. Christine sagt

    Also mit dem Wohlstand geht das in Franken einfacher. Da muss man am Neujahrstag einfach Sauerkraut essen, dann geht das Geld nicht aus. Aber Scherz beiseite, ich bin aus Zufall über deinen Blog gestolpert und finde es super was Du schreibst. Und deine filigranen Ikebana Arbeiten sind sehr schön. Ich bin gespannt was du alles schreibst. Gruß in die Hauptstadt von Christine

  4. Beate Zieroth sagt

    Liebe Xenia – auch ich musste schmunzeln, was für eine nette und heitere Zusammenfassung unserer “Fummelei”! Und wie fast immer – am Ende hat es sich gelohnt und es war schön, dabei gewesen zu sein – meine kleine Schachtel steht jetzt auch hier auf dem Fensterbrett und bei jedem Blick darauf kommt ein bisschen der fröhlichen Atmosphäre vom 6.1. zurück! Vielen Dank! B.Z.

  5. Margit sagt

    Ich gestehe ja, dass ich mit Ikebana nicht so viel anfangen kann… aber Dein Werk gefällt mir ausnehmend gut!!! Die Futzelei mit dem Falten wären für mich gar nichts! Ich würde das in die Ecke werfen… bin mehr die Frau fürs Grobe! Wollte an Weihnachten einen Geldschein zu einem Glücksschwein falten. Es war aber dann nicht so exakt gefaltet, dass es eigentllich nur schrecklich aussah. Ich habe mich dann für einen Elch aus einer Wäscheklammer entschieden, in die ich den Geldschein einfach eingezwickt habe! Haha…
    Einen schönen Wochenstart wünscht Dir
    Margit

  6. Liebe Xenia, ich habe so herzlich gelacht über Deine Beschreibung. Du hast so einen genialen Schreibstil, der jede kleine Aussage auf den Punkt bringt.
    Ich habe inzwischen auf dem Blog von Ikebana International (berlinikebana) auch von dem Workshop berichtet, ich werde Dich dort sofort verlinken. Die anderen sollen auch ihren Spaß haben.
    Liebe Grüße und vielen Dank Renate

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