Einjährige, wollt ihr ewig leben?

Ein Dank an alle den Garten mitgestaltenden Einjährigen. Sie können es einfach nicht lassen.

Berlin, 29. November 2014. Wir haben hier Kontinentalklima. Luftlinie Berlin – polnische Grenze: rund 80 km, danach kommt bald Sibirien. Aber das weiß das Wetter in diesem Jahr anscheinend nicht. Und die Pflanzen entsprechend auch nicht. Das erste Mal war es gestern morgen frostig. Ein starker Wind kam dazu. Gefühlte Temperatur -7 Grad. Wenn sie das im Radio sagen, denke ich immer, sie müssten auch dazu durchgeben, bei welcher Bekleidung. Ich in meiner Daunenjacke habe locker + 3 Grad gefühlt. Meine Einjährigen sind da ganz auf meiner Linie. Sie können einfach nicht genug kriegen. Plötzlich, im Frühjahr, waren sie (wieder) da, nun machen sie unermüdlich weiter, keinesfalls so, als wäre morgen der 1. Advent.

Einjährige Pflanzen oder Annuelle sind aus gärtnerischer Sicht kurzlebige Pflanzen, die nur einen Sommer lang blühen, Samen ansetzen und anschließend absterben. Ihr Leben wird durch Trockenheit oder starken Frost beendet. Im Folgejahr gehen in aller Regel – und so Gärtner und Gärtnerin nicht zu viel jäten – die Nachkommen auf und vollziehen den Kreislauf aufs Neue.

Überraschungen vorprogrammiert.

Ich habe meine Einjährigen keineswegs da eingesetzt, wo sie heuer gewachsen sind. Ich gebe zu: Für eine ausgeklügelte Einjährigen-Planung bin ich zu faul oder untalentiert oder habe einfach nicht genügend Zeit. Also lasse ich sie selber machen. Einmal (z.B. als Topfpflanze oder Samen fürs Gemüsebeet) in den Garten geholt, machen sie nämlich auf eigene Faust munter weiter. Oder sie sind das Glück, das einem manchmal aus heiterem Himmel zufliegt. Und siedeln sich genau da an, wo es passt. Aha-Erlebnisse meinerseits inbegriffen. Viele so entstandene Bilder sind zauberhaft – die hätte ich selbst nie so hinbekommen. Da, wo es nicht passt, rupfe ich sie eben aus. Übrigens gibt es auch schöne Farbüberraschungen – wie bei meiner Kapuzinerkresse in zartem Lachsrosa: offenbar eine Nachfahrin oranger und weißer Eltern, die ich einst im Gemüsebeet hatte und die nun neben einer pudrig violetten Katzenminze überzeugt.

Dass ich auf diese Art und Weise nicht besonders viele verschiedene Arten anzubieten habe, versteht sich von selbst. Es sind vor allem Verbena bonariensis, das Patagonische Eisenkraut, Kapuzinerkresse Tropaeolum majus, Cosmea, Ringelblume Calendula officinalis, Stockrose Alcea rosea (bei ihnen handelt es sich allerdings um Zweijährige, die im ersten Vegetationsjahr die Blattrosette zeigen und im zweiten blühen) und Borretsch Borago officinalis. Aber es reicht, von Mai bis November/Dezember Dauerfreude zu haben.