Gärten und Pflanzen eindrucksvoll fotografieren

Die Gartensaison startet, wir schießen begeistert die ersten Fotos. Damit diese möglichst professionell anmuten, hier die wichtigsten Tipps für eine gute Pflanzenfotografie.

Wir fotografieren in allen Lebenslagen, das Smartphone macht’s möglich. Statt auf Qualität zu achten, machen wir halt ein paar Aufnahmen mehr, Digitalfotos sind schnell gelöscht. Oder im Nachgang bearbeitet.

Das will ich auch überhaupt nicht verteufeln, es ist großartig, dass Fotografie „demokratisch“ geworden ist. Und natürlich garantiert eine gute fotografische Ausrüstung allein keine außergewöhnlichen Aufnahmen. Was es primär braucht, ist das ästhetische Empfinden des Fotografen, den Blick für das Motiv und Konzentration auf das eigene Tun. Ich muss beim fotografieren das Ergebnis antizipieren und selbst in Zeiten des Löschenkönnens jedes Bild so anlegen, als wäre es das Eine, das Bestand haben soll. Der Rest sind ein paar Tipps und goldene Regeln, mit denen man so weit kommt, dass man Fotos macht, die man selbst gern herzeigt und die andere im besten Fall faszinieren oder berühren.

Ausrüstung.

Ich fotografiere primär mit einer hochwertigen Spiegelreflexkamera (jedoch kein Profimodell) samt Zoom-Objektiv, das von Weitwinkel bis moderatem Tele alles abbildet. Mit dem Smartphone fotografiere ich nur dann und wann, wenn mir spontan ein Motiv vor die Linse kommt. Dann begnüge ich mich mit geringerer Schärfe/Auflösung/Güte, um dennoch den Moment einzufangen. Aber generell ziehe ich mit dem schweren Brocken durch die Gegend. Fast genauso wichtig ist ein stabiles Stativ. Ohne das geht in der Gartenfotografie fast gar nichts. Denn du wirst viel in den Morgen- und Abendstunden fotografieren, wenn das Licht besonders weich, aber eben nicht mehr hell ist, sodass du verwacklungsfreie Aufnahmen mit kleiner Blende nur noch mit Stativ hinbekommst. Aber dazu später mehr. Und wenn du der Typ fürs kleinste Detail bist, willst du wahrscheinlich auch Makro fotografieren, dann gönnst du dir entweder ein eigenes Makroobjektiv oder du begnügst dich wie ich mit Zwischenringen.

Tiefenschärfe.

In der Gartenfotografie brauchst du häufig komplett scharf durchgezeichnete Bilder, d.h. sowohl der Vordergrund, als auch der Hintergrund sind scharf abgebildet, weil du den gesamten Gartenraum zeigen willst. Um das zu beeinflussen, solltest du dich von der Automatik-Funktion deiner Kamera verabschieden und die Blende vorwählen (das Programm ist meist mit „A“ gekennzeichnet). Sonst bist ja nicht du Herr der Lage, sondern deine Kamera gestaltet für dich. Eine kleine Blende sorgt für viel Tiefenschärfe (Blende 8 aufwärts – je größer die Zahl, desto kleiner die Blende). Genauso ist es mit der sogenannten Brennweite: Ein Weitwinkelobjektiv sorgt für mehr Tiefenschärfe als ein Teleobjektiv (bzw. die entsprechenden Einstellungen im Zoom). Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Hier zwei Beispiele.

Tiefenschärfe

Mittlere Tiefenschärfe durch Blende 8 und 50 mm Brennweite (Normalobjektiv)

Tiefenschärfe

Geringe Tiefenschärfe durch Blende 5,6 und 70mm Brennweite (leichtes Teleobjektiv)

Übrigens: Auch der Abstand zwischen Kamera und Objekt spielt eine Rolle. Je kleiner der ist, desto geringer wird die Tiefenschärfe. Es ist daher manchmal gar nicht möglich, bei Makro-Aufnahmen alle Bereiche des Bildes scharf zu bekommen. Aber das macht ja auch den Reiz aus.

Tageszeit.

Nun verstehst du, warum du ein robustes Stativ brauchst: Um auch im schwachen Schein noch anständig durchzeichnete Bilder zu machen, musst du die Blende möglichst klein wählen. Dann muss sie sich aber umso länger öffnen, um genügend Licht einzufangen. Es entsteht Verwacklungsgefahr.

Aber zurück zum fotografischen Aspekt: Pflanzen- und Gartenfotos, die im Sommer zwischen elf und 16 Uhr aufgenommen wurden, kannst du in der Regel vergessen. Steh lieber früh auf und mach anständig Siesta, aber fotografiere bitte nicht bei blendend gleißendem Sonnenschein. Du bekommst einfach keine Plastizität in die Aufnahmen, die Farben sind grell wie in Barbies World oder gar partiell überbelichtet. Echte Gartenfotografen stehen halbnachts auf und nerven die Gartenbesitzer ab sechs mit ihrem Gewusel.

Hier eine Aufnahme meiner geliebten Rose Nevada, die um 19 Uhr entstanden ist, als die Sonne schon tief stand und alles in ein bezauberndes Licht hüllte. Es entsteht fast der Eindruck von 3D.

Sanftes Licht

Strauchrose Nevada im sanften Abendlicht

Monochrom.

Da wir grad bei der Farbigkeit sind: Keine Angst vor „unbunten“ Aufnahmen oder schlechtem Wetter. Oftmals ist es sogar besser, bei bedecktem Himmel zu fotografieren, als in zu starkem Sonnenlicht. Und wenn dann die Motive noch Ton-in-Ton sind: Ich liebe es!

Diffus

Diese Elfe kommt aus einem Land der Wälder, des Nebels und der Fabeln – schön

Monochrom

Herbstkrokusse, Melancholie. Monochrom, authentisch, eindringlich

Farbstark.

Logisch: Bunt geht auch. Ist es ja auch meistens. Und da achte genau wie bei der Gartengestaltung darauf, was gut zusammenpasst und was du eher ausblenden solltest. Wobei gutes Zusammenpassen nicht bedeuten muss, dass alles lieblich in rosa glänzt. Besonders die in Komplementärfarben gestalteten Fotos bringen Spannung in deine Bilder-Erzählungen. Aber denke auch hier an das natürliche Licht als Partner: sanftes Morgenlicht unterstreicht pastellige Motive, die goldene Abendsonne ist noch mal der richtige Booster für warme, kräftige Töne.

Paul Noel

Auch mit Pastelltönen lassen sich farbstarke Motive kreieren. Hier Ramblerrose Paul Noel

September

Staudige Sonnenblumen und Montbretie Luzifer strahlen um die Wette

Gegenlicht & Co.

Wer liebt es nicht, das Motiv der untergehenden Sonne. Immer schön ins Gegenlicht schauen. Ich gestehe, dass auch ich das dramatische Licht von vorn sehr gern mag. Bunte Blätter glühen geradezu, alle Farben leuchten intensiv. Aber: Im Gegenlicht werden alle Details zur Nebensache. Wer also will, dass nicht primär die Farbwirkung im Vordergrund steht, sondern man alle Einzelheiten plastisch herausarbeitet, sollte Seitenlicht wählen. Die am wenigsten stimmungsvollen Resultate erzielt man mit der Sonne im Rücken, da durch fehlende Schattenpartien alle Bildteile flach erscheinen.

Gegenlicht

Das Herbstlaub der Zierkirsche im schräg von vorn kommenden Gegenlicht. Die Farben glühen

Weiche Haut

Weiches Seitenlicht: Die Rundung des Pfirsichs, die zarten Härchen sind plastisch herausgearbeitet

Belichtung.

Stimmungen kannst du besonders gut durch bewusste Über- oder Unterbelichtungen (mach einfach eine Belichtungsreihe) ausdrücken. Alles, was ganz zart, verschwimmend und ätherisch wirken soll, verträgt bis zu zwei Stufen Überbelichtung. Umgekehrt liebe ich es, Farben zu intensivieren, indem ich unterbelichte. So kann ich auch den Fokus auf helle Blüten vor dunklem Hintergrund lenken und diese plastisch herausarbeiten.

Zart und filigran und das Gegenteil von düsterem Winter: Samthortensie

Zart und filigran und das Gegenteil von düsterem Winter: Samthortensie

Bewusst zwei Stufen zu dunkel belichtet: Herbstanemone

Bewusst zwei Stufen zu dunkel belichtet und so strahlend weiß vor „ausgeschaltetem“ Hintergrund: Japananemone

Komposition.

Das Schöne an der Gartenfotografie ist ja: Einen Großteil der Komposition übernehmen die Gärtner. Ich muss nur noch mit dem Bilderrahmen im Kopf durchs grüne Reich marschieren und versuchen, das Wesen einer Pflanze, das Besondere einer Beetzusammenstellung, die Stimmung des Augenblicks einzufangen. Das Paradiesische sichtbar machen. (Und dafür manchmal auch das eine oder andere Verblühte noch rasch entfernen.)

Und das geht in der Regel durch bewusste Begrenzung und Lenkung des Blicks. Ich fotografiere ungern ganze Beete, ich verdichte lieber. Ich selektiere Strukturen, die einem im Garten durch die Vielzahl an Eindrücken vielleicht nicht auffallen würden. Ich suche nach Linien, Vordergründen, Hinguckern. Ich lege den Horizont normalerweise nicht genau in die Mitte. Und wechsle den Standpunkt von bodennah bis ab-auf-die-Leiter.

Fällt dir sonst noch was ein? Ich freue mich ja immer sehr über Kommentare!

Der Horizont liegt nicht genau auf der Mitte, sondern ist leicht nach oben verschoben. Es entsteht sofort mehr Dynamik

Der Horizont liegt nicht auf der Mitte, sondern ist leicht nach oben verschoben. Es entsteht mehr Dynamik

Durch einen starken Vordergrund erhält das Bild mehr Tiefe

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Vertikale Linien erzeugen Spannung und ziehen ins Bild

Vertikale Linien erzeugen Spannung und ziehen ins Bild

Ein hübsches Accessoire dient als Hingucker

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Auch mal in die Hocke gehen. Oder ganz auf den Boden legen - alles, was nicht aus 1,70 m Höhe fotografiert ist, hat erst einmal mehr Reiz, da der Blick anders ist als gewohnt

Auch mal in die Hocke gehen. Oder ganz auf den Boden legen – alles, was nicht aus 1,70 m Höhe fotografiert ist, hat erst einmal mehr Reiz, da der Blick anders ist als gewohnt

Begrenzt und als Muster fotografiert sieht dieser Salat fast wie Kunst aus

Begrenzt und als Muster fotografiert, sieht dieser Salat fast wie Kunst aus

Willst du das Wesen einer Pflanzenzusammenstellung einfangen, geh dicht ran und begrenze den Blick

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Über mich

Hallo, ich bin Xenia,

Gartenfachberaterin und seit 10 Jahren Gartenbloggerin auf berlingarten.de, dem ausgezeichneten Gartenblog.
Schön, dass du zu mir gefunden hast.

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