Vorfrühling ist der schönste Frühling
Wie haben wir uns alle danach gesehnt: nach milderer Luft, zarten Farben, Bienengesumm und dem ersten Kaffee draußen in der Sonne.
Es ist soweit, Winter war gestern. Vorfrühling ist der schönste Frühling. Man läuft durch den Garten und will sie förmlich aus dem noch nackten Boden herausschauen: die ersten Zwiebelblümchen. Bei uns sind die Winterlinge immer die ersten. Es folgen Schneeglöckchen und Krokusse. Besonders angetan haben es mir die Elfenkrokusse Crocus thomassinianus. Wahrscheinlich allein des Namens willen.
Der Vermehrung auf die Sprünge helfen.
Über Jahre hinweg habe ich alles dafür getan, dass aus den anfänglich kleinen gelben, weißen und violetten Tuffs große Matten wurden.
D.h. ich bin selbst bei klirrender Kälte auf dem Boden herumgerobbt und habe beim Erscheinen der hübschen, an Harlekin-Kragen erinnernden Winterlingsblättchen diese gaaanz vorsichtig aufgenommen und an freie Stellen gesetzt, die ich per Kamera im vorigen Spätwinter festgehalten hatte. (Später, wenn Samen angesetzt sind, kann man die natürlich auch abgreifen und einfach an andere Stellen werfen.) Und Schneeglöckchen geteilt und verpflanzt, sobald die Blüte sich dem Ende näherte – „in the green“, wie die Engländer sagen. Bei den Krokussen habe ich einst Tausende von Zwiebelchen gesetzt (ca. 50 pro Quadratmeter), um den Ameisen genügend Material zum Verschleppen und so zum Vermehren zu bieten. Und dann ist mit der Arbeit aber auch Schluss, denn menschliches Hacken und Graben und Wurschteln mögen die Kleinen gar nicht. Man will zur Fortpflanzung schließlich irgendwann auch mal in Ruhe gelassen werden.
Zwiebelblümchen: zart und zäh.
Ergänzt werden die drei Frühaufsteher unter den Zwiebelblühern bei uns durch Märzbecher Leucojum vernum, Puschkinien Puschkinia scilloides und das Winter-Alpenveilchen Cyclamen coum. Ganz besonders früh ist auch das Blausternchen Scilla bifolia dran – bei mir müsste es allerdings Rosasternchen heißen, denn die rosa Variante ‚Rosea‘ ist einiges früher als die blaue. Ihr Ausbreitungsdrang ist gewaltig, dafür liebe ich sie! (Ich denke, dazu schreibe ich mal einen eigenen Artikel, wenn sie in ein paar Tagen vollends aufgelaufen ist.)
Frühe Stauden ergänzen das Bild.
Aber auch eine Gruppe an Stauden hält es nicht mehr in der Erde. Sie heißen Lenzrosen Helleborus x hybridus und machen ihrem Namen alle Ehre. Im Gegensatz zu den Christrosen Helleborus niger geben die sich bei mir gar nicht zickig. Sie wachsen kräftig und blühen zuverlässig. Sobald die Knospen draußen sind, entferne ich das Laub des Vorjahres. Nur dort, wo es besonders schön gefärbt und gesund ist, lasse ich es stehen.
Worauf ich mich jetzt freue, ist der Start der Leberblümchen Hepatica nobilis. Es ist immer hübsch zu sehen, wie sich die leicht behaarten Knospen und Stängel aus der Erde winden. Ich muss allerdings gestehen, dass ich in manchen Jahren sehr beleidigt war, weil sie sich bei mir nicht so üppig präsentieren wollten, wie ich es gern gehabt hätte. Und wie das immer so ist, gilt dies insbesondere für die schweineteuren Züchtungen aus Japan, einer völlig durchgedrehten Leberblümchen-Freak-Nation. Der deutsche Leberblümchen-Papst, Jürgen Peters, riet mir, sie im August mit Dung-Pellets kräftig zu füttern. Mal sehen, ob sich das jetzt auszahlen wird.
Last but not least im Vorfrühlingsgarten: die kleinen Primeln Primula veris. Sie sind wahre Vagabunden. Dort, wo ich sie mal gepflanzt habe, treffe ich sie im Folgejahr selten an, sie krallen sich in ihrer Eigensinnigkeit zum Beispiel lieber an den Fuß einer Rose oder zwischen Pflasterfugen. Sollen sie. Ich hab’s mir abgewöhnt, sie umzusetzen. Das schätzen sie nämlich gar nicht und sind dann so verschnupft wie ich dieser Tage im wahrsten Sinne.
Mein Tipp: Jetzt ist Zeit, die Frühstarter zu düngen. Ich verwende Kompost, den ich an feuchten Tagen – dann sind die Blüten geschlossen und es fällt nichts hinein – ganz vorsichtig um die kleinen Blüten verteile.