Das Interview: Star-Designer Peter Berg zum Geheimnis ganz besonderer Gärten

Peter Berg gestaltet Gärten, die in ihrer natürlichen Ausdruckskraft überwältigen. Hier erklärt er, welche Zutaten es zu solchen Gärten braucht. Und sein Buch zeigt, wie die Endergebnisse aussehen.

Peter Berg

Ich lernte Peter Berg auf einer Veranstaltung des Who-is-who der Gartenbücher kennen. Sein opulenter Bildband war soeben erschienen und mir sofort aufgefallen. „Natur. Ästhetik. Design.“ ist der Titel und hinter jedem der Begriffe steht ein Punkt. So kommt auch Peters Gestaltung daher. Ich merkte bei der Durchsicht des Buches und im Gespräch mit ihm, dass er ein Designer ist, der in Hauptsätzen denkt. Der einen Stil hat und Punkt. Der für Klarheit steht und Punkt. Der groß denkt und Punkt. Der charaktervolle Bäume und Steine platziert und Punkt.

Ich freue mich, dass Peter zum Interview zur Verfügung stand und zwei Exemplare seines Buches zur Verlosung zur Verfügung gestellt hatte.

Lieber Peter, wenn man sich mit deinen Arbeiten befasst, ist man fasziniert von der Kombination aus klarem Design und natürlicher Wirkung, aus Spannung und Ruhe, bei denen man allgemein denkt, sie schlössen sich aus. Wie kommt es, dass es bei deinen Entwürfen nicht so ist und alles perfekt zusammengeht?

Diese Wirkung meiner Arbeiten ist das Ergebnis einer langen beruflichen Entwicklung. Schon immer habe ich mich viel mit Architektur beschäftigt, ich sollte ja auch Bauingenieur werden. Als Gartendesigner habe ich dann versucht, den Architekten Gärten zu liefern, die ihre Architektur unterstreichen. Entstanden sind moderne Gartenkonzepte die formal, minimalistisch, puristisch waren. Dann habe ich mich immer mehr mit Naturstein beschäftigt und erkannt, dass es zwei wesentliche Elemente im Garten gibt: Naturstein und Pflanze. Und dass diese beiden Materialien sich gegenseitig befruchten. Das heißt, unsere Gärten bestehen aus Naturstein, Pflanze und, wenn noch Geld übrig ist, Wasser.

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Wenn wir was bauen, Terrassen, Wege, Wasserbecken zum Beispiel, dann arbeiten wir mit Stein, Holz, Metall und Glas. Also auch alles echten Materialien. Wir gehen inzwischen sogar soweit, dass wir am liebsten auch Einfluss auf die Farbe der Häuser nehmen. Wir gestalten wie Frank Lloyd Wright mit natürlichen mineralischen Farben und es kommen solche zum Einsatz, die das Grün der Pflanze in Szene setzen. So werden Haus und Garten zu einer stärkeren Einheit – anders als mit dem bei Architekten so beliebten Weiß, das das Gebäude betont, aber eher einen Fremdkörper im Garten darstellt.

Ich dachte, dein Stil käme durch deine Kindheit in den Weinbergen in Kombination mit der Beschäftigung mit japanischer Gartengestaltung?

Ja, auch das spielt eine Rolle und unterstreicht, was ich eben gesagt habe: In beiden geht es viel um die Kombination aus Stein und Pflanze. Wobei wir uns nicht an den ganz strengen japanischen Gärten wie den Zengärten orientieren, sondern an den freieren wie den Fürstengärten in Japan. Tatsächlich ist das Schneiden der Gehölze Teil unserer Arbeit, um sie vom Wuchs und den Proportionen her perfekt in den Garten einzupassen. Da wir auch oft mit der grundlegenden Pflege der Gärten betraut sind, können wir auch über die Zeit hinweg für Harmonie in den Proportionen sorgen.

Du sprichst die Gehölze an. In euren Gartendesigns geht eine starke Faszination von den Bäumen aus.

Absolut richtig. Die Gehölze haben bei uns schon immer eine Rolle gespielt. Auch wenn es eine Zeit so von zehn bis 15 Jahren gedauert hat, bis wir uns getraut haben, die richtig großen Gehölze zu verwenden. Wenn ich immer wieder tagelang durch Baumschulen unterwegs bin, teilweise auch mit den Kunden, dann sieht man immer wieder, dass die Bäume und Sträucher erst dann wirklich schön werden, wenn sie wirklich alt sind.

Du rätst zu richtig großen Gehölzen?

Ja, sie bringen Atmosphäre in den Garten. Wir spielen mit verschiedenen gestalterischen Elementen. Zum einen mit der Dimension, zum anderen mit Kontrasten: vom Moos bis zum großen Baum, vom Split bis zum 15-Tonnen-Felsen. Dazu kommt der Kontrast von frei und formal: frei wachsende Gehölze treffen auf formal geschnittene Hecken. Oder Gräserflächen werden aufregend mit einigen eingestreuten Blüten, die dem Garten eine gewisse Leichtigkeit geben.

Mal davon abgesehen, dass man dich als Gartenplaner konsultieren kann: Was rätst du Menschen, die mit ihrem Garten unzufrieden sind, der klassisch über die Jahre immer mal hier und dort ein paar neue Pflanzen bekommen hat – gardening by doing – aber dem der Ausdruck fehlt, das Gestalterische. Wo fängt man an? Geht immer nur der große Wurf oder auch ein teilweises Umgestalten?

Man kann natürlich mit Teilen des Gartens anfangen. Wenn ich in den Anfängen geahnt hätte, was ich über die Jahre alles in meinen Garten stecken würde: Ich hätte mich für verrückt erklärt. Es war eher so, dass ich jedes Jahr an Bereichen gearbeitet habe. Ich rate, vor allem alte Gehölze zu erhalten, die sind meist am schönsten. Nicht gleich alles plattmachen. Mir macht es großen Spaß, kreativ mit dem Vorhandenen umzugehen.

Steinpavillon
Peter hat in seinem Garten Raum für Raum angelegt. Sehr individuell wirkt der Steinpavillon

Ich denke manchmal, dass es Pflanzen und ihre Gärtner heutzutage ganz schön schwer haben: Da ist das Klima mit extremeren Wetterlagen. Es soll durchgeblüht werden oder zumindest ganzjährig attraktiv aussehen. Alles natürlich super bienenfreundlich. Wie stellst du dich als Gartenplaner darauf ein? Gibt es Pflanzen, die früher deine Lieblinge waren, heute aber nicht mehr? Und welche empfiehlst du heute?

Ich hatte früher Lieblinge, heute arbeite ich situativer. Ich bin in einem Garten und sehe, dass hier ein hohes Gehölz hin muss und dort der Blick umgelenkt werden oder eine transparente Pflanze für einen Schleier sorgen soll. Alles erfolgt individuell.

Und schon wieder sind wir bei den Gehölzen. Ich hatte einen japanischen Planer, wenn der in einem Garten war, hat der oft gefragt: „Wer ist denn hier der Boss?“ Dem fehlte das leitende Gehölz, der alte Baum. Wir pflanzen zuerst die Gehölze. Danach kommen dann die Stauden.

Von den Japanern können wir auch lernen, dass die 70 verschiedene Begriffe für Grün haben und Grün tatsächlich oft die beste Farbe ist und die stärkste Wirkung hat. Wir verfolgen häufig das Konzept, dass wir die Farben im Laufe der Jahreszeiten steigern, denn das Feuerwerk kommt erst im Herbst. Deshalb gibt es bei uns zum Beispiel auch keine rote Blutpflaume, denn das Feuerwerk im Herbst wird nicht spektakulärer, wenn ich bereits im Frühjahr eine rote Rakete gestartet habe.

In deinen Gärten soll man trotz aller Ästhetik auch ganz normal leben können. Ist da auch Platz für Obstbäume?

Natürlich! Auch hier gilt: Alte schöne Bäume pflanzen. Ich habe auch selbst einen Gemüsegarten, den ich ökologisch bewirtschafte. Auch eine Streuobstwiese mit teilweise alten und sogar schon überalterten Kirschbäumen. Die gehören als Skelette ins natürliche Bild mit dazu. Da sind wir wieder beim Erhalten von Bäumen.

Was sagst du zum „Gärtnern für intelligente Faule“ wie es immer so schön heißt? Gibt es den wirklich pflegeleichten Garten? Und was ist deine Antwort auf die Gärten des Grauens, die Schottergärten?

Ein pflegeleichter Garten ist einer mit guter Struktur, die den Garten funktional macht, Gehölzen und geschlossenem Bewuchs.

Die Gehölze sind auch für unsere Gesundheit wichtig und ein gutes Klima im Haus. Sie schlucken den Feinstaub und geben Schatten. Früher gab es daher noch den typischen Vorgartenbaum. Pflegeleicht ist es, mit der Natur, nicht gegen sie zu arbeiten. Die Schottergärten bleiben ja nicht so, der Bewuchs findet seinen Weg. Das Problem ist, dass viele Gartenbaubetriebe kaum noch mit Pflanzen und kaum noch von Hand arbeiten. Die legen den Kunden mit ihren Maschinen den Schottergarten an. Am Ende werden drei Löcher gegraben, in die jeweils ein Buchs gepflanzt wird. Und der Feinstaub fliegt auf der Tristesse munter umher, ansonsten fliegt nichts, keine Biene, kein Vogel.

Kapitel Struktur
Dem Thema Struktur ist ein ganzes Kapitel gewidmet

Dein Buch wirkt ein wenig wie deine Gärten: höchster Anspruch und für die Ewigkeit. Wie kam es zu dem Projekt?

Durch meine anderen drei Bücher hatte ich Kontakte zu den besten Fotografen und bei Random House/DVA einen Lektor an meiner Seite, mit dem ich mich perfekt ergänzt habe. Das Buch zeigt im vorderen Teil die Grundsätze meiner Philosophie und im Anschluss zur Veranschaulichung die vielen Projekte, die wir in den letzten Jahren realisieren konnten. Es ist zweisprachig, da wir inzwischen auch international Beachtung finden.

Inhaltsverzeichnis

Lieber Peter, herzlichen Dank, dass du uns deine Sicht auf das, was gutes und nachhaltiges Gartendesign ausmacht, so ausführlich dargestellt hast. Ich bin sehr inspiriert und werde versuchen, mir jetzt in den ruhigen Wintertagen die Frage zu beantworten, wer in meinem Garten eigentlich der Boss ist. Mal sehen, was das dann im Frühjahr zur Pflanzzeit für Auswirkungen hat.

Autor und Buch.

Peter Berg ist ein ungemein humorvoller Rheinländer aus Sinzig in Rheinland-Pfalz. Er wurde unter anderem bereits dreimal mit dem als „Oskar der Gartenbranche“ betitelten TASPO-Award als bester deutscher Gartengestalter ausgezeichnet. Für seine Bücher arbeitet er mit Fotografen wie Jürgen Becker, Marianne Majerus, Gary Rogers und Philippe Perdereau zusammen – so auch in seinem neuesten, das du hier gewinnen kannst.

Natur. Ästehetik. Design. ist ein großformatiges Hardcover aus dem DVA-Verlag und versammelt auf 242 Seiten Kapitel zu den Kernelementen von Peters Design und veranschaulicht diese in 14 Projekten aus den Jahren 2011 bis 2017. Das Buchdesign bietet den guten Fotos und den abgebildeten Gärten den passenden Rahmen.

Das Buch ist ein wunderschönes Coffee-Table-Book zum Schwelgen und schult durch die Kombination aus brillianten Bildern und fachkundigen Texten den Blick für gelungene Gärten. Daher liefert es eine Fülle an Inspiration. Insbesondere Hanggärtner dürften auf ihre Kosten kommen, denn sie sind eine Spezialität von Peter Berg.

Hardcover | 240 Seiten, 29,5 x 29,5 cm | 212 Farbabbildungen und 14 Pläne | ISBN: 978-3-421-04107-4 | 49,95 €

Hanggarten-Lösung

Verlosung.

Leider zu spät für dieses Mal – die Verlosung endete am 08.12.2019. 

Über mich

Hallo, ich bin Xenia,

Gartenfachberaterin und seit 10 Jahren Gartenbloggerin auf berlingarten.de, dem ausgezeichneten Gartenblog.
Schön, dass du zu mir gefunden hast.

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