Historische Rosen: die Königinnen der Blumen
Die schönsten der schönen Rosen sind für mich die alten bzw. historischen Rosen. Ein Streifzug durch die verschiedenen Klassen von Gallica- bis Bourbonrosen.
Zugegeben: Menschen und Dinge mit Noblesse und Tradition finde ich oft anziehend. Komplett verzaubert war ich, als ich vor 20 Jahren zu Beginn meiner Gartenzeit auf historische Rosen stieß. Duft! Delikate Farben! Blüten im Überfluss! Diese Pflanzenpersönlichkeiten aus vergangenen Zeiten haben mich wirklich verzaubert. Endlich verstand ich, warum es gemeinhin Königin der Blumen hieß. Die staksigen Dinger ohne Duft in grellen Farben, die ich bis dato kannte, fand ich eher gewöhnlich und … doof.
Seit über 10 Millionen Jahren gibt es Blumen der Gattung Rosa und bereits im Altertum gab es Zuchtsorten. Als Alte Rosen gelten die, die aus der Zeit vor 1867 stammen, dem Entstehungsjahr von ‚La France‘, der ersten Teehybride, die die Moderne einleitete.
Die meisten der alten Sorten sind heute ausgestorben. Die Züchter setzten ab ‚La France‘ auf Hochleistungsrosen. Ihr Ziel war, die meist nur einmalblühenden Rosen mit der eingeschränkten Farbpalette zu Dauerblühern zu verändern – zu Lasten von Duft, Üppigkeit und Gesundheit. Als ich vor 20 Jahren einige kaufen wollte, war es gar nicht einfach, überhaupt welche zu bekommen. Inzwischen haben die großen Anbieter manche wieder im Sortiment, die in alten Gärten aufgetrieben wurden und die nun wieder vermehrt werden. Auch hat über David Austin mit seinen Englischen Rosen ein Umdenken in der Züchtungsarbeit eingesetzt und es gibt Neuheiten, die den Charme alter Sorten versprühen.
Heute möchte ich dir in aller Kürze die verschiedenen alten Rosen vorstellen, vielleicht springt ja der Funke über. Dabei kann ich dir jeweils ein Beispiel aus meinem eigenen Garten zeigen. Ich habe von allen etwas im Portfolio, musste mich aber natürlich beschränken, denn die alten Rosen sind große Sträucher. Möchtest du weitere kennen lernen, verlinke ich am Ende des Beitrags zu einigen Rosen-Anbietern.
Gallicarosen – die ganz alten Damen.
Die Rosa gallica ist die Urahnin der anderen Rosenklassen sowie der heutigen Gartenrosen. Von Plinius dem Älteren wurde sie in der Naturalis historia bereits im 2. Jahrhundert beschrieben, war da aber schon eine ältere Lady. Ihre Heimat: Vorderasien. Von dort ist sie vermutlich im 13. Jahrhundert als Kreuzzugseroberung nach Europa gekommen.
Überlebt hat sie wohl wegen ihrer Robustheit und natürlich der besonderen Schönheit. Sie brachte farblich den Blaustich in die Rosenwelt, es gibt sie halb- und starkgefüllt, der Duft ist intensiv. Im Vergleich bleibt sie mit ca. 1,20 m Höhe eher klein. Das Laub ist dunkel, matt und gesund. Die Blütezeit ist klassischerweise im Juni, in den letzten warmen Jahren ging es aber schon Ende Mai los. Nach einer üppigen Blüte ist Schluss, sie setzt jedoch viele mittelgroße Hagebutten an.
In meinem Garten wächst die ‚Rosa mundi‘ oder auch Versicolor genannt, die ich schon einmal gesondert portraitiert habe.
Damaszenerrosen, die Duftwunder.
Die Damaszenerrosen kamen ebenfalls aus dem nahen Osten – der Name deutet naheliegend auf Damaskus hin. Sie wurden ebenfalls seit der Antike kultiviert und stammen von den Gallicas ab. Mit dem Elternteil der aus China stammenden Rosa moschata wurde ihnen die Fähigkeit mitgegeben, leicht nachzublühen. Die Rosen sind Floribundarosen, d.h. die gefüllten Blüten stehen in Büscheln beieinander, der Duft ist üppig und schwer. Die zur Rosenölgewinnung in Bulgarien angebaute Trigintipetala ist eine Damaszenerrose. Bei mir gibt es die ‚Rose de Resht‘ aus dieser Gruppe, die kompakte Sträucher bis 1,20 m bildet – es gibt aber auch massige Damen unter ihnen. Die Farbpalette ist recht breit: Von weiß über verschiedene Rosatöne bis zu violett ist alles dabei.
Albarosen, meine Favoriten.
Mein Herz schlägt schneller beim Wort Albarose. Zwei meiner ganz großen sind welche: ‚Königin von Dänemark‘ und ‚Maiden’s Blush‘. Auch diese Klasse ist uralt und von den Römern über die Alpen gekommen. Sie sind stattlich, meist gesund, sehr stachelig. Das Laub ist dunkel, fast blaugrün. Blütenfarben der Weißen Rose gibt es von weiß bis rosa, „typisch historisch“ ist bei vielen, dass die Bütenblätter innerhalb der Blüte geviertelt sind mit einem kleinen Knopfauge in der Mitte.
Die Albarosen mögen wie alle Rosen volle Sonne und Luft, diese Klasse toleriert aber auch Halbschatten – dann bitte auf ausreichendes Gießen achten, damit sie keinen Mehltau bekommen. Der lockere Wuchs hat den Vorteil, dass die Albarosen sehr gut in naturnahe Beete passen, der Nachteil ist, dass sie ggf. aufgebunden werden müssen. Mir macht das nichts aus, der duftende Riesenrosentraum macht den Aufwand allemal wett.
Zentifolien, die Traumrose der Maler.
Die hundertblättrige Rose. Hach. Der Traum aller Rosenfans und Porzellanmaler. Hundert Blütenblätter pro Blüte – wie das alles in eine Knospe passt, ist mir immer wieder ein Rätsel. Die Zentifolien haben den reinen, üppigen Rosenduft. Ihr Öl ist kostbarer Bestandteil vieler exklusiver französischer Parfums. Sie sind Kinder von Rosa damascena und Rosa alba und haben vom 16. bis 18. Jahrhundert holländische Züchter zu Höchstleistungen angespornt. Leider sind von den damals über 200 Sorten nur noch wenige im Handel.
Meine ‚Fantin Latour‘ ist eine typische Vertreterin dieser Klasse. Sie ist geradezu malerisch. Tausende wuschelige reinrosa Blüten, ein irrer Duft, wilder Wuchs. Einen Obelisken hat sie bereits zerbersten lassen. Um sie kompakter zu bekommen, kann man alle schwachen Triebe komplett entfernen und die anderen um ein Drittel kürzen. Das ist aber gegen ihre Natur! Besser ist, sie darf sich an andere Gehölze anlehnen und man nimmt nur stets die überalterten Triebe direkt aus der Basis heraus. 2017 war bei uns ein blütenloses Fantin-Aufbaujahr: Wir mussten sie, um sie aus dem kaputten Obelisken herauszubekommen, komplett auf 20 cm herunterschneiden. Über die Saison hat sie sich dann wieder gestreckt und ich freue mich auf den kommenden Sommer.
Portlandrosen: die ideale historische Rose?
Ich würde nicht so weit gehen, die Portlandrose als perfekte Rose zu bezeichnen. Aber: Sie blüht öfter und das ist für viele ja das ausschlaggebende Kriterium bei der Wahl einer Rose. Sie ist eng mit der Damaszenerrose verwandt und gilt als Vorläuferrose der Remontantrosen (remontieren = wiederblühen), da noch mehr öfterblühende Chinarose eingekreuzt wurde. Entstanden ist sie in Italien, von wo sie die Herzogin von Portland mit nach England brachte. Dort inspirierte sie englische Züchter zu zahlreichen neuen Kreationen, wodurch sie die Mutter einer neuen Klasse wurde.
Bei mir im Garten wächst ‚Comte de Chambord‘, eine kleinbleibende, stark duftende Rose, deren Rosa einen Hauch von Flieder mitbringt. Sie büht immer wieder bis zum Spätherbst. So gesund, wie sie allseits gepriesen wird, ist sie bei uns leider nicht, Sternrußtau macht ihr zu schaffen.
Bourbonrosen: schön, aber heikel.
Die Bourbonrosen umweht ebenfalls der Hauch einer verwegenen Entstehungsgeschichte: Ein zufällig gefundener Sämling soll von der Insel Réunion Anfang des 19. Jahrhunderts nach Frankreich geschickt und dort weiterbearbeitet sein, da er so wunderbar dauerblühend war. Berühmte Rosennamen sind in dieser Gruppe dabei. Auch ich konnte nicht widerstehen und pflanzte die kräftig rosa ‚Louise Odier‘ und die apricotfarbene ‚Souvenir de la Malmaison‘ als Kletterrose. Beide musste ich schweren Herzens nach wenigen Jahren wieder entfernen, da sie mit unserem mageren Boden nicht klarkamen, klein blieben und von Pilzkrankheiten gemartert. Bourbonrosen gelten durch die starke züchterische Bearbeitung als eher heikel und das waren sie bei uns leider auch. Hast du einen fetten Boden, haben sie einen Versuch jedoch allemal verdient.
Und hier noch ein paar allgemeine Rosenimpressionen aus meinem Garten. Ach, wenn schon wieder Juni wär…
Alle Fotos vergrößern sich durch anklicken.
Historische Rosen gibt es zum Beispiel bei Schultheis, Manufactum und Horstmann.