Interview: Simones Würz- und Heilkräutergarten

In Teil 2 der Serie aus dem Kärntner Lesachtal gibt es ein Interview mit der Biologin Simone Matouch, die einen wunderschönen Kräutergarten hegt und pflegt.

Kräutergärtnerin Simone

Kräutergärtnerin Simone

Die Wienerin kam einst im Auftrag der Bundesregierung als Wissenschaftlerin ins Tal, um Biotop- und Kulturlandschaftsflächen zu kartieren – und blieb. Simone verdient heute ihr Geld mit unterhaltsamen und sehr informativen botanischen Führungen. In denen erfährst du zum Beispiel, dass Bohnenkraut „ehelich anregend“ wirkt, Majoran jedoch das Gegenteil. Der von Simone geschulte Besucher weiß also, was noch auf dem Programm steht, wenn abends das Gulasch entweder so oder so gewürzt wurde.

Simones zweites Standbein ist die Herstellung von Kräuterprodukten. Die Kräuter sammelt sie in der freien Natur und baut sie in ihrem Garten an. Worauf es ihr dabei ankommt, hat sie uns heute verraten.

Liebe Simone, Gärten spiegeln Wesen und Vorlieben ihrer Gärtner und den speziellen Lebensraum wider. Was erzählt uns dein Kräutergarten über dich im Lesachtal?

Ich weiß nicht recht – ich denke, es wären eher die Besucher meines Gartens dazu berufen, diese Frage zu beantworten. Ich könnte mir vorstellen, dass mein Garten schon Ausdruck dafür ist, dass ich anders bin. Als studierte Ökologin, die’s aus Wien hierher verschlagen hat, steht mein Garten nicht in der Tradition der alten Bauern- oder Heilpflanzengärten. Er ist angepasst an Standort und die natürlichen Gegebenheiten. Es gab keine Erdbewegungen oder baulichen Maßnahmen, der Garten ist gewachsen. Die Natur hat nach wie vor ein Wörtchen mitzureden bei der Gestaltung und Pflege. Für mich ist es spannend zu beobachten, wie sich Pflanzen über die Jahre selbst die Plätze suchen, an denen sie wachsen wollen. Läuse auf den Rosen, Raupen auf der Berberitze, das darf sein und bis jetzt hat sich all das wieder selbst reguliert. Ich hoffe, mein Garten ist Ausdruck dessen, dass es nicht gilt, die Natur zu bezwingen, sondern ihre Co-Gestalterin sein zu dürfen.

Simones Kräutergarten wurde einem schwierigen "Stück Hang" abgerungen

Simones Kräutergarten wurde einem schwierigen „Stück Hang“ abgerungen

Seit wann gärtnerst du hier? Und bewirtschaftest du den Garten allein?

Meinen Kräutergarten in Obergail gibt es seit 2007. Manchmal gibt es fleißige Hände, die mir helfen, aber im Wesentlichen bewirtschafte ich den Garten allein.

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Was steht im Vordergrund: die Gestaltung des Gartens als Wohlfühlraum oder die Nützlichkeit der einzelnen Pflanze? Schließlich betreibst du eine kleine Manufaktur mit Kräuterprodukten.

Im Vordergrund steht die Freude an der Natur, am Wachsen, Gedeihen, am Werden und Vergehen. Mein Obergailer Kräutergarten ist als Schaugarten konzipiert, hier gibt es einmal pro Woche meine Kräuterführung. Ich habe versucht, eine Vielfalt an Pflanzen zusammenzutragen, die man nicht unbedingt leicht in der freien Natur findet, die heilsam und nützlich sind, wohlschmeckend und duftend. Ich hoffe, dass alle Besucher meines Kräutergartens sich hier wohlfühlen, oft erzählt mir jemand, dass man schon im Eingangsbereich von einem besonderen Duft „empfangen“ wird. Für mich ist er jedenfalls ein Wohlfühlraum, könnte mir kaum einen angenehmeren Arbeitsplatz vorstellen!

Viele der Pflanzen werden auch in meiner Kräutermanufaktur zu verschiedensten Produkten weiterverarbeitet, von Sirupen, Gelees, über Essige, Öl, Seifen, Raumdüfte etc. Bei mir zu Hause in Liesing hab ich aber noch einen weiteren Garten. Hier stehen die Produktion im Vordergrund und das, was ich für meine eigene Hausapotheke benötige. In Obergail geht Vielfalt vor Nützlichkeit!

Welche Kräuter kannst du uns besonders empfehlen? Welche gehören unbedingt in einen Würzkräuter-, aber auch Heilkräutergarten?

Solche Fragen fallen mir immer besonders schwer – ich denke, da schlägt mein Ökologinnenherz durch, die ich ja von meiner ursprünglichen Ausbildung her bin. Ich sehe die Natur als Ganzes – auch die Gartennatur – und einzelne Pflanzen herauszugreifen, ich kann’s versuchen: Ringelblume und Johanniskraut, daraus werden auch heutzutage bei uns noch wichtige Hausmittel selbst hergestellt – zumeist Salben, die bei allerlei Wehwechen helfen. Schafgarbe, fast eine Alleskönnerin. Wenn man rundherum keine Wiesen mehr hat, wo man sammeln kann, dann sollte sie unbedingt in den Garten. Ihre jungen Blätter sind gut im Wildkräutersalat, ihre Blüten helfen als Tee bei Bauch- und Menstruationskrämpfen. Sie hilft der Leber und hat sogar antibiotische Wirkung.

Auch die Brennnessel findet sich in meinem Kräutergarten: als Spinat, Tee oder für den Sirup. Nicht zu vergessen die wertvollen Brennnesselsamen! Und auch die angesetzte Jauche tut den Pflanzen als Stärkungsmittel gut! Dann ist da noch die Gundelrebe mit ihrem herb intensiv würzigen Geschmack ein hervorragendes Würzkraut mit gesundheitsfördernder, entgiftender Wirkung. Salbei, Thymian – nicht nur gute Würzkräuter sondern auch gut zu unserem Hals bei Halsweh oder Husten. Der Volksmund sagt ja auch: Kaue jeden Tag ein Salbeiblatt, dann bleibst du gesund!

Kapuzinerkresse – sie blüht wunderbar, läßt sich auch in Balkonkistchen hervorragend kultivieren. Sie wird gern gegessen und gilt als pflanzliches Antibiotikum. Kamille – wie sie riecht und schmeckt – einfach kein Vergleich zu dem, was man sonst meistens im Lebensmittelhandel so bekommt. Und, und, und..

Wie bildest du dich weiter? Was inspiriert dich für deinen Garten?

Weiterbildung ist für mich fast wie Urlaub, ich genieße sie! Es gibt so viel Tolles zu lernen über Pflanzen – wofür sie gut sind, über alte Wege der Heilmittelerkenntnis, über Hildegard oder Paracelsus, über die selbstgemachte Hausapotheke oder die Verwendung von Wildkräutern in der Küche. Ich sage mir schon lange: Ich bräuchte noch sieben Leben, um noch all das zu lernen, was ich noch gern wissen würde. So absolviere ich seit zehn Jahren regelmäßig verschiedene Weiterbildungen im In- und Ausland. Nicht zu vergessen natürlich ist die Art der Weiterbildung, die sich durch das ständige Tun, Ausprobieren neuer Dinge, durch Erfolg und Mißerfolg der eigenen Arbeit als Erfahrungswissen über die Jahre ansammelt.

Was mich für meinen Kräutergarten inspiriert? Ich denke: die Freude, die er mir macht und die ich anderen damit machen kann.

Wie sieht für dich ein typischer Gartentag aus?

Das Schöne ist, dass es den nicht gibt. Mein Arbeitstag richtet sich ganz nach dem Wetter, mal Regen, mal Sonnenschein; mal wachsen die Minzen gut, mal die Rosen. Mal ist was zum Umpflanzen, mal was zum Neupflanzen. Oft muß ich von einer Minute auf die andere umdisponieren, wenn das Gewitter schneller kommt als gedacht… Die Arbeiten ändern sich im Jahresverlauf. Im Moment liegt der Schwerpunkt auf dem Ernten und Verarbeiten. Aber die Natur zieht sich schon wieder merklich zurück – Zeit, abgeblühte Triebe zurückzuschneiden und wieder regulierend einzugreifen, wenn die ein oder andere Pflanze allzu üppig gewachsen ist.

Hast du noch einen Tipp für uns oder eine besondere Botschaft?

Gärten machen glücklich!

Herzlichen Dank, ganz liebe Grüße und dir noch einen schönen Gartenherbst! Übrigens bin ich ganz begeistert, dass die Gundelrebe bei dir als heißer Tipp auftaucht: Endlich kann ich Freiden schließen mit dieser hübschen, aber wuchernden Pflanze, die bis dato unter „Unkraut“ lief.

 

 

Über mich

Hallo, ich bin Xenia,

Gartenfachberaterin und se