Gelb im Sommergarten
Bei der Farbe Gelb scheiden sich die Geister. Und streiten sich die Gärtner.
Was passt farblich zusammen? Beißt sich das nicht? Über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Was bei einem Outfit abends vom Pyjama abgelöst wird, hat im Beet ganz andere Halbwertzeiten. Also pass beizeiten auf, ob deine Mitgärtner vielleicht herrliche Kindheitserinnerungen an Raps- und Sonnenblumenfelder oder gar Löwenzahnwiesen haben. Denn dann wollen sie das im Garten umsetzen.
Der Gartengemahl hatte eine schöne Kindheit. Das wurde mir schlagartig bewusst, als er eines Tages mit einem Samentütchen „Riesensonnenblume“ nach Hause kam – erstanden in der nahen Drogerie. Pokerface. Jetzt bloß nicht die Fassung verlieren.
Einjährige Sonnenblumen – gelb par excellence.
Riesensonnenblumen waren für mich stets der Inbegriff des Plumpen, sich nicht Einfügenden. Und dann auch noch gelb! Wer keine Ahnung von nichts hatte, steckte zur Aufhübschung von Rasen und Thujahecke halt ein paar Kerne in den Boden. Und nun lag das Tütchen also da, die Samen kamen in die Erde und der Gartengemahl bekam Beschützergefühle für seine Sprösslinge.
Mehrere Jahre standen die langen gelben Kerls unvermittelt neben durchkomponierten Beeten, deren Farben Gartenmagazine mit „delikat“ zu beschreiben pflegen: rosé, mauve, weiß, verschiedene Grüntöne. Die Farben schrien, ich litt still.
Die Alternative: Staudensonnenblumen.
Im letzten Jahr dann das verwegene Experiment: Ich säte die Sonnenblumen aus und zwar laut Verpackungsangabe weinrote. Was soll ich sagen: Beim Aufgehen der ersten Blüte das Entsetzen bei Mann und Kind: „Die sind ja … braun! Wie Gammel. Was hat denn dich geritten, statt der schönen gelb-fröhlichen diese Todesgestalten anzuzüchten?“ Ich gestehe, das schlechte Gewissen verspüre ich noch heute.
Die dunklen Einjährigen wurden gerodet und von mir durch Staudensonnenblumen ersetzt. Ich entschied mich für drei verschiedene:
Helianthus decapetalus ,Triomphe de Gand‘ mit sehr großen, hellgelben, honigduftenden Blüten, die wirklich sonnenblumig aussehen. Sie wächst kompakt bis 150 cm. Leider braucht sie viel Wasser, wie ich jetzt angesichts ihres Mehltaubefalles weiß.
Helianthus decapetalus ‚Soleil d’Or‘ mit kamelienartig gefüllten, nicht ganz so großen Blüten. Sie ist eine alte Schöne, bereits 1889 eingeführt. Die Pflanze wird ebenfalls bis zu 150 cm hoch und hat einen Triomphe de Gand vergleichbaren Wuchs. Auch sie hätte sich einen Boden gewünscht, der Feuchtigkeit besser hält, als unserer. Bei Kahlfrost ist Schutz ratsam; beide Stauden sind übrigens sehr spät ausgetrieben.
Und als Zaungäste hat mein Liebster noch zwei echte Hüninnen bekommen, zwei Exemplare von Helianthus giganteus ‚Sheila’s Sunshine‘, eine aparte Riesenstaude, die durch ihre erst jetzt beginnende, weithin leuchtende Blüte begeistert. Ihr Gelb ist zitroniger als das der beiden Decapetalus-Vertreterinnen. Auch sie ist durstig und bevorzugt warme und sonnige Standorte.
Ihr fragt euch jetzt sicher: Was hat sie denn mit den Staudensonnenblumen gewonnen? Die sind doch auch gelb und nichts Halbes und nichts Ganzes. Aber das stimmt nicht, denn vom Habitus passen sie viel besser zu den anderen Stauden. Und was die Farbe angeht, bin ich inzwischen tatsächlich entschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen und noch einige weitere Gelbe bei uns einziehen zu lassen. Denn durch häufigere Wiederholung wird sich ein stimmiges Bild ergeben. Dem Gartengemahl zur Freude.
Von ehemals „delikat“ zu „fröhlich-bunt“. Vielleicht ist das ja genau das richtige Rezept gegen trister werdende Herbsttage. Und wird auch mich versöhnen.
Wie stehst du zu gelb?
P.S.: Sonnenbräute und -hüte gibt es an anderer Stelle auch schon länger bei uns.