Verschleierte Parteispenden und die Vernichtung von Grünflächen
Bist du Berufspolitiker und in einer Regierung tätig? Nein? Ich auch nicht.
Daher antworteten wir wohl auf die Frage, ob Parteienspenden der Einflussname auf den politischen Entscheidungsprozess dienen könnten, mit: „Jau, wär schon möglich.“ Wären wir hingegen zum Beispiel der Stadtentwicklungssenator von Berlin donnerten wir nur ein beherztes „Blödsinn.“
Die Groth-Gruppe und ihre Spenden-Praxis.
So geschehen ist das nun in der letzten Woche in unserer hübschen Hauptstadt. Es geht um den dir aus vielen Blogbeiträgen bereits bekannten Bauunternehmer Klaus Groth. Ja genau den, dem auf merkwürdige Weise von der Regierung ermöglicht wurde, 150 Kleingärten platt zu machen, um hier Luxuswohnungen zu bauen. Und der gegebenenfalls noch weitere 150 Gärten über die Klinge springen lässt, wenn nicht alles so läuft, wie er sich das vorstellt.
Dessen Spendengebaren kam nun an die Öffentlichkeit. Klaus Groth hat mehrere Wahlkampfspenden an die Regierungsparteien SPD und CDU verteilt. Und nicht etwa öffentlich, sondern säuberlich gestückelt und verschleiert zu jeweils 9.950 Euro – ab 10.000 Euro müssen Spenden transparent gemacht werden. Auch waren verschiedene Unternehmen der Groth-Gruppe die edlen Geber.
Wenn der Bezirk nicht spurt, richtet es der Senat.
Besonders pikant: Eine dieser Spenden erhielt der Kreisverband Lichtenberg, in dem SPD-Bausenator Andreas Geisel als Spitzenkandidat für seine Partei antritt. Groth ist zwar nicht in Lichtenberg aktiv, aber Geisel kann sich auf andere Weise für den Baulöwen positiv engagieren: so geschehen beim Mauerpark, als er ein durch massive Bürgerproteste gefährdetes Bauprojekt der Groth-Gruppe kurzerhand dem Bezirk Pankow entzog und von Senatsseite dafür sorgte, dass Groth seine Deals durchziehen konnte. Wir Gesunde-Menschenverstandler würden jetzt sagen: „Hier riecht es irgendwie streng.“ Herr Geisel feiert sich hingegen als Handelnder zum Wohle Berlins.
Wer nicht genug Spenden akquiriert, muss gehen.
Auch so ihre Zweifel hatte die SPD-Landeskassiererin Ulrike Sommer – zwei Groth-Spenden an den Landesverband lehnte sie ab. Und das kostete sie prompt ihren Job. Unser Regierender Bürgermeister Müller sah sie als nicht genügend befähigt, Spenden für die Partei einzusammeln. In ihrer Abschiedsrede Ende April stellte Frau Sommer ihre Haltung nochmals dar und betonte die Notwendigkeit, dass Parteienspender ihre Zuwendungen nicht etwa stückeln, sondern offen damit umgehen. Erst wenn diese sich „zu uns bekennen anstatt sich ganz knapp unter der Veröffentlichungsgrenze zu bewegen, verlieren Spenden jede Anstößigkeit“. Allerdings.
Denn man fragt sich ja, was Menschen/Unternehmen dazu treibt, Parteien finanziell zu unterstützen? Ist es tatsächlich ausschließlich und ohne Hintergedanken die politische Landschaftspflege, wie es immer so schön heißt? Unternehmen unterstützen ja auch anderes: Sport, Kultur, Bildung, Ökologie, jetzt auch Flüchtlingsintegration. Corporate Social Resonsibility ist heute ein wichtiges Thema für nahezu alle Firmen in Deutschland. Das ist auch gut so. Aber meine Erfahrung als langjährige PR-Beraterin und Marketing Managerin ist, dass stets die Win-win-Situation gesucht wird. Und was für die „hehren“ gesellschaftlichen Themen gilt, dürfte für Parteienunterstützung erst recht gelten.
Parteispenden gehören transparent gemacht.
Und da sind wir also wieder bei dem von Frau Sommer gewählten Wort Anstößigkeit. Denn nichts anderes ist es, wenn die gesetzlichen Spielregeln ausgehebelt werden. Und die lauten nun mal Kenntlichmachung bei Spenden ab 10.000 Euro. Und wenn die Groth-Gruppe jeder Partei 50.000 € spenden möchte, dann soll sie das auf einen Schlag tun und nichts verschleiern. Und das gilt natürlich für die Nehmerseite ganz genauso. Denn das sind unsere Volksvertreter und repräsentieren dich und mich, den Bürgerwillen. Eigentlich. Oder auch nicht?
Ich denke an einen überwältigenden Bürgerentscheid zum Erhalt unserer Gartenanlage mit 77 % Unterstützung in der Bevölkerung. An den damit verbundenen Auftrag an unsere Regierung, dieses Grün zu bewahren. Und ich lasse meinen Blick über die Brache schweifen, wo vor einem halben Jahr noch Gärten waren. Die Groth-Gruppe darf hier bauen.