Vogelkuchen zum Frühstück. Oder wie ich mir fast so tolpatschig wie Bridget Jones vorkam
In der Betreffzeile stand „lecker“. Das machte mich neugierig. Ein lieber Gartenfreund schickte mir per E-Mail den Scan von einem hübsch dekorierten Etwas aus Körnern. Ich kenne Apfelkuchen, Butterkuchen, sogar Hundekuchen, aber das hier war die Krönung für den winterlichen Garten: Vogelkuchen.
Seine Frage dazu: Ob ich genügend verrückt für so etwas sei. Meine Antwort: Aber hallo, völlig balla-balla – genau richtig für mich, das Ding.

Was tut man nicht alles für seine kleinen Gartenbewohner
Von Haus aus traue ich mir nämlich alles zu. Ich bin als Kind von meiner Mutter viel gelobt worden. Und hielt das immer für äußerst plausibel. Wobei – seit ich selbst eine kleine Tochter habe, deren Erzeugnisse ich tapfer großartig finde, bin ich rückblickend misstrauisch geworden. Dennoch: So ein Vogelkuchen dürfte ja wohl nicht die Hürde sein und würde ein optisches und kulinarisches Highlight für unsere gefiederten Freunde werden.
Das hätte Bridget Jones auch nicht schlechter machen können: Chaos in der Küche.
Aber: Da kannst du jahrelang die ‚Landlust‘ lesen und wenn’s drauf ankommt, hast du es doch nicht drauf. – Beziehungsweise bringst vielleicht nicht die nötige Disziplin der Hauswirtschaftslehrerinnen mit, die in dieser Art von Zeitschriften ihre Tipps und Tricks zum Besten geben.
Selten lese ich Rezepte vorm Einkaufen. Manchmal immerhin lese ich Rezepte vorm Kochen. In der Regel lohnt sich das jedoch nicht mehr, da ich eh nicht die richtigen Sachen eingekauft habe, sondern nur das, was ich nach dem Foto an Zutaten vermute. Ich improvisiere also, sehr zur Freude meiner Familie. Wenn die Gesichter nach den ersten Bissen keine gelöste Heiterkeit und dieses gewisse Wohlgefühl wie bei Mutti in der Werbung ausstrahlen, weiß ich schon: Gleich kommt die Frage „Gehört das so?“
Für den Vogelkuchen hatte ich allerlei Körner und Nüsse und beim Metzger Rindertalg besorgen wollen. Irgendwie sah das auf dem Foto doch so aus. Und von Rindertalg als geradezu Vogel-Wunderwinterspeise hatte ich schon viel gehört. Da es diesen aber nicht gab, nahm ich weißliches Schweinezeugs mit, das man angeblich wunderbar zu Schmalz auslassen könne. „Nur nicht zu heiß werden lassen, Geduld-Geduld!“, so der Metzgermeister.
Zu Hause schmiss ich das Zeugs so, wie ich es hatte, in einen Topf. Und dann hübsch kleine Flamme. Es tat sich: nichts. Na dann mal höher aufdrehen. Noch höher. Die Küche füllte sich mit Duft. Erst: „Mmm, würzig.“ Dann: „O, gleich würg ich.“ Die Küche füllte sich mit Qualm.
Und so wollte ich ungefähr 1 Liter flüssiges Fett gewinnen? Wie lange sollte ich denn noch in diesem bestialischen Gestank stehen?
Nachdem ich den Feuermelder von der Decke geholt und beruhigt hatte, fing ich an, auf meinem Smartphone zu tippen. Suchbegriff „Schweinefett auslassen“. Aah, was ich da gekauft hatte, waren Flomen. Und ich überflog, dass Flomen das beim Schwein zwischen Bauchfell und innerer Bauchmuskulatur liegende Fettgewebe ist. (Und Grieben sind übrigens die beim Erhitzen von Fettgewebe zurückbleibenden Bindegewebsanteile.) Vor allem erfuhr ich, dass ich die Prozedur deutlich hätte verkürzen können, wenn ich das Material vorher zerkleinert oder besser noch durch den Fleischwolf gedreht hätte. „Hätte-hätte-Fahrradkette“ würde meine Tochter kreischen, wäre sie Zeugin meines Küchenchaos à la Bridget Jones geworden.
O. k., es half nur Geduld.
Als es nach gefühlten Stunden soweit war, dass ich neben riesigen braunen, harten Monstergrieben tatsächlich genügend flüssiges Fett hatte, füllte ich die Körner in hübschen, sich farblich unterscheidenden Lagen in eine Gugelhupfform und goss mit dem Fett auf. Ich verbrannte mich noch nicht einmal dabei. Stolz wie Oskar trug ich mein dampfendes Werk auf den Balkon zum Abkühlen.
Es war annähernd alles fest geworden, als ich mich das erste Mal fragte, wie ich denn den Vogelkuchen aus der Form bekommen würde. Beim normalen Kuchen fette ich die Form immer ein; würde hier der Kuchen nicht vielleicht einfach so wieder rausflutschen? Oder würde vielleicht der Trick mit dem Anwärmen funktionieren – so wie bei Eisparfait?
Es kam, wie es kommen musste: Das richtige Werkzeug wurde der Beitel. Als ich alles in dicken Brocken herausgeklopft hatte, blieb mir nur, alles wieder gemeinsam im Topf zu schmelzen – Dampf, stink – und alle Körner, nun mit dem Fett wild durcheinandergemischt, wieder einzufüllen. (Naja, hübsch farblich voneinander abgegrenzte Farblagen der Körner sind den Vögeln eh egal.) Vorher hatte ich dieses Mal die Form mit Frischhaltefolie ausgelegt.
Als ich nach meinem Werk die E-Mail löschen wollte, las ich mir dann doch mal die Anleitung durch: Kokosfett stand da. Riecht nicht, lässt sich leicht auflösen und wird viel fester als tierisches Fett. Palmin habe ich übrigens immer vorrätig. Man weiß ja nie, ob man als Superhausfrau nicht mal schnell Fondue machen will.
Ha, aber von der Folie stand da auch nichts. Na ein Glück. Nicht, dass ich das auch nicht gelesen hätte…

Der selbstgemachte Vogelkuchen wird noch hübscher durch Trockenobst und Hagebutten.
Das Rezept.
Wenn du nun dringend wissen willst, wie es geht und tatsächlich sehr einfach funktioniert, LIES bitte jetzt folgende letzte Passage GENAU durch, es kostet dich nur zwei Minuten:
Du brauchst Haferflocken, Erdnüsse, Rosinen, Sonnenblumenkerne, Kleie u. ä. und Kokosfett. Rindertalg oder Schweineflomen gehen allerdings auch, dafür brauchst du dann aber starke Nerven und eine unempfindliche Nase. Und du müsstest die Flomen vor dem Auslassen ganz klein schneiden!
Das Mischungsverhältnis – egal ob Kokos- oder tierisches Fett – sollte 100 g Fett zu 150 g Körnern betragen.
Du löst das Fett auf, legst eine Form (zum Beispiel einen Gugelhupf) mit Frischhaltefolie aus und füllst dann hübsch lagenweise nach Farbe die Körner ein. Ist das Fett flüssig geworden, gießt du es auf die Körner, die allesamt bedeckt sein sollten.
Wenn die Masse fest geworden ist, kannst du den Gugelhupf stürzen. Optimalerweise ist die Masse schon richtig stabil, aber noch ganz leicht warm. Dann löst sie sich gut aus dem Gefäß und die Folie lässt sich einfach abziehen.
Anschließend kannst du mit Hagebutten, weiteren Nüssen und Trockenobst dekorieren. Den Vogelkuchen solltest du möglichst wettergeschützt aufstellen.
Bon Appetit für deine Piepmätze.
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