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Bed & Breakfast in Somerset: Parsonage Farm

Blick über den Gemüsegarten

Wie bekommt man als Gartenfreak im Urlaub am besten Kontakt zu Gleichgesinnten, optimalerweise einheimischen? Ist das Reiseziel England, ist die Frage rasch beantwortet: durch einen Aufenthalt in einem hübschen B&B for gardenlovers. Eine (natürlich unbezahlte) Werbung für die Parsonage Farm in Somerset.

Suki ist Energie pur. Klein, dunkler Wuschelkopf, festes Schuhwerk, ebensolcher Händedruck. Seit über 20 Jahren ist die Amerikanerin nun schon in England und betreibt ihr Bed & Breakfast Parsonage Farm in einem Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert im Herzen Somersets. Somerset liegt im Südwesten Englands und ist über Bristol gut mit dem Flugzeug zu erreichen.

Suki

Verliebt habe sie sich damals primär in den Garten, die nach Süden ausgerichtete Fläche, auf der sie sich ihren Gemüsegarten perfekt vorstellen konnte. “I’m good with vegetables, not with flowers.” Na ja, das würde ich anders sehen. Ihr fliegen die Primeln jedenfalls nur so zu. Die Kamelie steht in voller Blüte, die Narzissen leuchten, die Stauden treiben jetzt Anfang April richtig durch.

Garten und Landschaft perfekt für Naturliebhaber.

Der Garten ist sehr schön angelegt, hat eine klare Struktur und fügt sich optimal ins Bild mit dem Farmhouse und der direkt daneben liegenden Kirche. Als wir das erste Mal die enge, kurvige Straße passieren und einen Blick auf die in der Abendsonne liegende Anlage erhaschen, bin ich glücklich. Over Stowey ist ein winziges Nest an den Quantock Hills, nah der Küste, ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen und Ausflüge in den Exmoor Nationalpark oder einige schöne Gartenanlagen. Besonders dicht liegt Hestercombe Garden, furios designed von Edwin Lutyens und Gertrude Jekyll.

Über Hestercombe, viele andere Gartenhighlights sowie die Sehenswürdigkeiten Somersets kann der B&B-Gast in Sukis großer Bibliothek schmökern. Während im Sitting Room ein Feuer im Kamin brennt, blättern wir uns durch die dicken Bildbände, spielen Skat und Scrabble. In der Gästemappe fordern Suki, ihr Mann Rich und Tochter Rachel sogar dazu auf, ‘to play the piano’. Aber soweit wollen wir es mit unseren rudimentären Klavierkünsten dann doch nicht treiben. Jedenfalls geht es familiär zu, ich bin animiert, viel englisch zu sprechen, genau, wie ich es mir vorgenommen hatte.

Schöne Zimmer, gutes Frühstück.

Und was ist nun mit B und mit B? Mit Bed and mit Breakfast? Die Gästezimmer atmen Geschichte wie das ganze Haus. Es wurde im 17. Jahrhundert zur Kirche zugehörig gebaut. Der Vikar lebte hier. Hundert Jahre später wurde ein größeres Vikarshaus errichtet, das Farmhaus verpachtet. Als Suki es vor über 20 Jahren kaufte, war es über die Jahrhunderte völlig heruntergekommen und wurde seitdem Stück für Stück instand gesetzt – der Sitting Room erst vor zwei Jahren, bis dahin war er schlichtweg zugemauert.

Die drei Bedrooms liegen im Obergeschoss, zwei direkt mit Badezimmer, eines mit Bad über den Flur. Alle so, wie man es sich für ein altes englisches Haus vorstellt. Schlicht, aber geschmackvoll eingerichtet, Kunsthandwerkliches, überall kleine Blumensträuße. Leider war es ziemlich kühl in den Räumen Ende März, Anfang April. Aber bekomm so ein altes Gemäuer mal warm.

Gefrühstückt wird im Dining Room im Erdgeschoss. Großer Holztisch, Feuer im Kamin, Geschirr von David, dem Töpfer aus dem Nachbarort. Auf den Teller und ins Glas kommt nur das Beste, schließlich baut Suki alles für ihre Säfte, Jams, Marmeladen und Kompotte rein ökologisch an und kauft auch nur regional und ‘organic’ ein. Es wird politisiert am frühen Morgen. Die deutsche Energiewende gibt Suki Hoffnung, ihr neues Lieblingswort. Sie kämpft gegen die allgegenwärtige britische Atomenergie und für den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders – ‘a friend’ von früher. Das Schreckgespenst Donald Trump sogar in Over Stowey. Aber natürlich darf auch der morgendliche Smalltalk mit den anderen Gästen über das Wetter, die Pläne für den Tag und die besten Gartentipps nicht fehlen.

Die Vermont Pancakes und das Full English Breakfast serviert bei unserem Aufenthalt der reizende George, ein Volunteer. Die Parsonage Farm steht auch jungen Menschen offen, die für Kost und Logis im Garten und im B&B-Betrieb samt freitäglichem Pizzabacken helfen. So haben schon viele Jugendliche aus aller Herren Länder ihr Englisch bei Suki und Rich aufgebessert.  George hat sogar Talent fürs Töpfern und fertigt seine ‘Pots’ in Sukis Töpferwerkstatt. Denn auch die hat sie auf dem Gelände.

Nicht billig, aber preis-wert.

Und was hat uns der Besuch gekostet? Für ein Doppelzimmer mit Frühstück werden 85 £ berechnet. Für eine weitere Person im Zustellbett 25 £, das ganze abzüglich 5 Prozent, wenn man länger als drei Nächte bleibt. Das ist für unsere Verhältnisse, insbesondere da der Euro zum Pfund schlecht steht, eine Menge. Aber dafür, dass wir uns sofort zu Hause fühlen konnten, war es das wert. Ob ich auf meine alten Tage wohl auch als Freiwillige anheuern könnte? Ich muss mal fragen. Gartenarbeit kann ich.

Alle Fotos vergrößern sich durch anklicken.

11 Kommentare

  1. Eine Amerikanerin,die in Somerset lebt und B&B für Garden-Lovers anbietet, sehr ungewöhnlich.
    Andererseits …Unser Ferienhaus in der Normandie organisierte und gehörte zum Besitz eines britischen Ehepaares.Why not!
    Ein munterer Bericht über Good Old England,vielen Dank! Übrigens finde ich es extremly unbritisch schon am Frühstückstisch zu politisieren….
    Ob die Briten die Angelegenheiten mit ihrer Wasserversorgung wohl je in den Griff bekommen? Kann man das Wasser wenigstens trinken…?
    Aber trotz allem, deine Fotos zeigen eine wundervolle Anlage, wo ich mich auch sehr gerne neben der Kamelien sitzend sehe würde.
    LG Sisah

    • Berlingärtnerin sagt

      Ich fühlte mich auch eher in einem kosmopolitischen als rein britischen Umfeld dort. Sehr inspirierend. Das Wasser kannst du als Freinsensorikerin nicht trinken. Der Chlorgeschmack ist deutlich.

      Danke für deinen munteren Kommentar und hab einen schönen Tag :-)

  2. Ach Großbritannien, warum wollt Ihr uns verlassen? Lasst uns Eure schönen Gärten doch bitte in der EU behalten!

    Ein sehr schöner Reisebericht, liebe Xenia.

    Sehnsüchtig erwarte ich übrigens Deine Tulipan-Reportage! ;-)

    • Berlingärtnerin sagt

      Stimmt, liebe Jessica, ich stehe ja bei dir im Wort. Dann werde ich mal schauen, wann ich in der nächsten Zeit eine Gartenreise nach Britz einplane :-)

      Danke für deinen lieben Kommentar!

  3. Ein Reisebericht, liebe Xenia, wie ich ihn mag. Bed & Breakfast for gardenlovers, das klingt schon wie Musik in meinen Ohren und Suki samt Haus und Garten hätte ich auch gemocht. Der Unterschied zwischen uns wäre lediglich ‘I’m good with flowers, not so with vegetables’.
    Schön, dass Du auch über das Haus, die Menschen und den winzigen Ort berichtet hast mit seinem Friedhof, auf dem die Gräber von einer Narzissenwiese eingerahmt sind, wie das Foto beweist.
    Wenn mir mein Garten mal zu viel wird, heuer ich als Freiwillige bei Suki an. Die ‘alten Tage’ habe ich ja schon erreicht. Und wenn ich mein Schulenglisch noch mal auffrischen möchte, wäre das meine allerletzte Chance…
    Liebe Grüße
    Edith

  4. Hach wir müssen endlich auch endlich mal wieder auf die Insel. Bis jetzt hat es uns nur einmal nach London verschlagen, dabei gibt es so viele tolle Orte zu entdecken und diese tollen B&B’s…
    Bitte mehr Gartenreise-Berichte ;-)
    Liebe Grüße nach Berlin, Eva

    • Berlingärtnerin sagt

      Hallo Eva, es freut mich, wenn ich dir ein paar Tipps geben kann. Dann mach ich mich mal an die nächsten Beiträge.

      Schönes Wochenende!

  5. Silke sagt

    Hallo Xenia,

    bei Deinen Bildern bekomme ich sofort Urlaubssehnsucht. Die Fotos erzeugen so eine typisch englische Atmosphäre. Das Einzige was mich regelmäßig in Groß Britannien stört – wie schafft man es sich ohne Handbrause vernünftig die Haare auszuspülen!

    Viele liebe Grüße aus dem Wendland
    Silke

    • Berlingärtnerin sagt

      Da sprichst du tatsächlich eine Kuriosität an: Bei Suki gibt es sogar eine normale Dusche mit Brause. Aber über den Gang. Die “normalen” Eisenbadewannen mit Löwenfüßen haben als Zubehör einen Krug aus Kunststoff zum Haareausspülen. Genauso erstaunlich finde ich das Festhalten an getrennten Wasserhähnen in kalt und warm. Strange unsere Freunde von der Insel :-)

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