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Das Interview: Katja von Naturefund über Naturschutz im Garten

Katja Naturefund

In meiner Reihe über spannende Menschen mit grünem Daumen möchte ich euch heute Katja von Naturefund vorstellen, einem Verein, den ich bei der Anlage meines Küchengartens als Dynamischer Agroforst kennen gelernt habe. Katja lebt für den Naturschutz und geht dabei so weit, Flächen zu kaufen, um sie der Natur zurückzugeben.

Liebe Katja, stell dich doch bitte kurz vor.

Ich komme ursprünglich aus Hamburg. In meiner Familie gibt es seit Jahrhunderten vor allem Seeleute, auch Strandräuber und Kaufleute. Mein Vater als Seefahrer brachte die Welt und ferne Länder mit nach Hause. Sie wurden Teil meiner Kindheit und sie sind es bis heute geblieben.

Katja Wiese

Wer oder was hat aber die Leidenschaft für Pflanzen und Natur in dir geweckt?

Schon als Kind begeisterte ich mich für Natur und träumte von weiten, unberührten Landschaften. Filme, wie „Die Löwin Elsa“ oder „Daktari“ begeisterten mich. Und natürlich auch Winnetou und Old Shatterhand, die durch wilde Landschaften ritten, sie waren meine Idole.

Du bist Vorsitzende des Naturefund, einem Verein, der weltweit Land kauft und Aufforstungsprojekte durchführt. Wie bist du dazu gekommen und was bedeutet dir dein Job?

Naturefund ist mein Kindheitstraum. Ich wollte immer schon Land kaufen und es der Natur zurückgeben – und dabei natürlich ab und zu mit Winnetou durch die Landschaft reiten oder mit einem Held aus Daktari durch die Savanne fahren. 2003 begann ich dann mit Verbündeten den Verein Naturefund zu gründen, um diese verrückte Idee in die Wirklichkeit zu bringen.  Als wir 2005 unsere ersten Flächen für die Natur kauften, den Sumpfwald am Rhäden, war das ein sehr besonderer Moment für mich. Zahlreiche Flächen sind inzwischen dazu gekommen, auch internationale Projekte, wo wir vor allem Nationalparks und Schutzgebiete unterstützen. Naturefund wächst und gedeiht. Angesichts des Klimawandels bin ich wirklich dankbar, dass wir mit Naturefund hier einen wichtigen Beitrag leisten können zum Erhalt zahlreicher Ökosysteme weltweit.

Katja auf einer neuen DAF-Anlage in Klein-Winternheim
Katja in Klein-Winternheim, wo als Klimaschutzprojekt verschiedene Gehölze wie Walnuss-, Apfel- und Quittenbäume sowie Hainbuchen, Weiden, Tafeltrauben und Berberitzen gepflanzt wurden.

Kannst du in wenigen Sätzen beschreiben, was es mit der von euch praktizierten Methode „Dynamischer Agroforst“ auf sich hat und was der Unterschied ist, einen Garten nach der Permakultur anzulegen?

Permakultur ist nach meinem Verständnis eine Lebensphilosophie, mit dem Ansatz: „Sei gut zur Natur, sei gut zu den Menschen und handle fair“. Im Rahmen von Permakultur wird aktuell meist biologischer Mischanbau betrieben. Dynamischer Agroforst ist eine reine Anbaumethode. Anders ausgedrückt: Permakultur ist wie ein Dach für nachhaltige Lebensformen. Dynamischer Agroforst ist wie eine Schaufel, ein Werkzeug, dass sowohl unter dem Dach von Permakultur genutzt werden kann, aber auch unabhängig davon. Die Grundprinzipien vom Dynamischen Agroforst oder auch kurz DAF sind den Anbauformen der indigenen Völkern Lateinamerikas abgeschaut. Diese imitieren wesentlich stärker die Natur und bauen ihre Nahrung in vielfältigen Pflanzensystemen an. Naturefund versucht diesen Ansatz zusammen mit WissenschaftlerInnen weiterzuentwickeln und vor allem an die heutigen Bedürfnisse von Kleinbauernfamilien anzupassen. Zentrale Elemente sind dabei hohe Artenvielfalt, hohe Dichte der Pflanzen und regelmäßiger Schnitt.

Ich nutze die Methode für meinem Küchengarten – ist der Dynamische Agroforst auch etwas für den gesamten Garten, zum Beispiel die Staudenbeete?

Ja, man kann die Prinzipien von DAF – also Vielfalt, Dichte, Schnitt – überall da anwenden, wo man mit Pflanzen arbeitet. Selbst im Blumenkasten funktioniert es! Dabei gibt es eine ideale Form, bei der alle Stufen der Sukzession in einem Pflanzensystem integriert werden, dazu gehören dann auch Bäume. Das geht natürlich in einem Blumenkasten oder auch Staudenbeet weniger. In solchen Moment wandelt man DAF dann ab und versucht so gut wie möglich, vielfältige Pflanzenarten sehr dicht zu pflanzen, die dann regelmäßig geschnitten werden. Je mehr diese Prinzipien berücksichtigt werden, um so eher entwickelt sich eine Wachstumsdynamik zwischen den Pflanzen.

Ist eine klassische „Gemischte Rabatte“ aus dicht gepflanzten Gehölzen, Gräsern, Stauden, Ein- und Zweijährigen sowie Zwiebelblühern, die ich ständig mulche, dann nicht auch schon ein Dynamischer Agroforst?

Die Richtung stimmt, doch viele klassische „Gemischte Rabatten“ erinnern eher an eine wohlgefällige Anordnung von Pflanzen, also wie eine gut aufgeräumte Küche bei Oma, viele Geräte, aber alles an seinem Platz. DAF hat den Fokus weniger auf Ordnung, sondern mehr auf dem Aufbau eines vielfältigen Pflanzensystems. Mein Vorbild ist weniger die Küche von Oma, als der Urwald. Ich gebe den Pflanzen das, was sie brauchen. Pflanzen sind dabei ungemein soziale Wesen und das über die eigene Art hinaus. Sie brauchen förmlich andere Lebensformen zum Leben, ob nun andere Pflanzenarten, Insekten, Bakterien, Pilze und vieles mehr. Ein Schlüssel für mich zum Verständnis ist dabei, dass in Pflanzensystemen die Synergien stärker sind, als die Konkurrenz. Mit DAF fördern wir Synergien und mit dem Schnitt moderieren wir die Vielfalt und stärken die Dynamiken zwischen den Wesen in einem DAF-System.

Schneiden und Mulchen im DAF
Wichtig beim Dynamischen Agroforst: Schneiden und Mulchen. Das tut den Pflanzen und dem Boden gut.

Hast du selber einen Garten und was bedeutet er für dich?

Ja, ich habe einen große Garten direkt dort, wo ich wohne, und liebe ihn. Es ist mein Ausgleich nach anstrengenden Arbeitstagen. Es ist eine bunte große Vielfalt und es gibt so viel zu entdecken, jedes Jahr neu.

Gibt es Tätigkeiten im Garten, mit denen man dich jagen kann?

Umtopfen mag ich nicht so gerne. Man muss immer so genau sein und mancher zarte Setzling schaffen es dann trotzdem nicht. Ich versuche es immer öfter mit Direktsaat, aber manchmal klappt das nicht, oder manchmal möchte ich im März schon pflanzen und fange dann trotzdem wieder an, im Gewächshaus Pflanzen vorzuziehen.

Und auf der anderen Seite: Gibt es Beschäftigungen im Garten, die du am liebsten den ganzen Tag lang tun würdest?

Am liebsten bin ich im Garten ohne Termindruck, einfach mit Zeit kann ich rumpütschern, in Ruhe Beete schön machen und Pflanzen pflegen. Immer mehr liebe ich dabei das Schneiden. Auch wenn ich auf unserem großen DAF-Versuchsfeld in Wiesbaden bin, liebe ich die Momente, wo ich einfach durch die Pflanzenreihen gehen kann, beobachte, meine Schere dabei und hier und dort mal schneide. Über den Schnitt kann das Gleichgewicht in den Pflanzensystemen wieder hergestellt werden, es sieht hinterher einfach schön aus. Auch die Pflanzen wirken auf mich irgendwie gestärkt, wobei das bestimmt Einbildung ist. Aber es fühlt sich für mich so an.

Katja schneidet im DAF
In der DAF-Anlage in Wiesbaden-Erbenheim erkennt man gut die Pflanzendichte der Anbaumethode. Wo es zu dicht wird, greift Katja mit der Schere ein.

Welche drei Pflanzen und/oder Handwerksutensilien würdest du in einen „einsamen Garten“ mitnehmen?

Einen Liegestuhl zum Beobachten, eine Schere zum Schneiden und eine Wasserflasche für mich, weil ich vermutlich in einem einsamen Garten die Zeit vergessen werde.

Magst du uns noch deine Lieblingspflanzen verraten, die sich in euren Projekten als besonders unkompliziert, ertragreich, schlichtweg empfehlenswert herausgestellt haben?

Obstbäume und Obststräucher sind wunderbar, bieten sie doch immer wieder was zum Naschen. Auch Kräuter liebe ich, weil sie einfach, robust und zugleich vielfältig sind, allen voran natürlich Minzen und Melissen, aber auch Salbei oder Thymian sind wunderbar und sehr leicht zu handhaben. Erdbeeren kann ich in DAF-Parzellen auch wärmsten empfehlen. Sie lieben den Halbschatten unter Bäumen und Büschen und sind zugleich eine wunderbare Bodenbedeckung. Einfach einpflanzen und wachsen und vermehren lassen. Naschen nicht vergessen.

Erdbeeren, Süßkartoffel, Rote Melde
Margeriten, Erdbeeren, Rote Melde und Süßkartoffel in trauter Viersamkeit. Und überall Mulch für einen guten Boden.

Herzlichen Dank für das Interview, liebe Katja, ich drücke dir die Daumen für weitere spannende Projekte und danke dir, dass du mit euren vielfältigen Pflanzensystemen die Welt ein stückweit besser machst.

Copyright Fotos 1-5: Naturefund; Portrait Katja: Sylvie Tricot

4 Kommentare

  1. Steffi sagt

    Herzlichen Dank für dieses sehr interessante Interview. Die Begriffe Permakultur und DAF habe ich bisher synonym verwendet. Jetzt habe ich das Prinzip DAF genauer erfasst. Weiter viel Erfolg für Naturefund und Dir im Küchengarten!
    Herzliche Grüße, Steffi

    • Berlingärtnerin sagt

      Hallo, Steffi,

      der Unterschied zwischen Permakultur und Agroforst war mir auch nicht ganz klar, daher freue ich mich jetzt über die Aufklärung. Ich bin demnach eine überaus dynamische Agroförsterin, würde aber nicht behaupten, Permakultur zu betreiben. Auch könnte man vermutlich lang über das Thema “Gemischte Rabatte” reden. Wenn Katja mal in Berlin ist, würde ich sie jedenfalls gern zu mir zur Einordnung meiner Pflanzungen bitten :-)

      Beste Grüße nach Bayern!
      Xenia

  2. Toll! Ich finde es super, dass sich viele mittlerweile für die Natur einsetzen. Es geht nur mit der Natur – nicht gegen sie.
    Viele Grüße von
    Margit

    • Berlingärtnerin sagt

      Da hast du so Recht, liebe Margit! Ich freue mich immer, dass es meist auch noch attraktiv aussieht, wenn man alles dicht wie im Dschungel pflanzt und dann mit der Rosenscheren-Machete nur dann und wann dazwischengeht.

      Beste Grüße sendet Xenia

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