Liebermann-Villa: Gartenbilder gemalt und gepflanzt
Max Liebermann: Er war einer der bedeutendsten deutschen Maler, ein Schöngeist, der sein Schaffen von der Leinwand auf sein Grundstück am Berliner Wannsee ausdehnte. Wie gut, dass wir Malerei und Gartenkunst dort hautnah erleben können.
Ein Haus am See – wie schön das klingt. Ein Traum, den sich Max Liebermann 1909 mit dem Bau seines Sommerhauses am Wannsee verwirklichen konnte. Hier fand der 62-jährige Grand-Seigneur der Berliner Malerszene Erholung vom Trubel der Großstadt und Inspiration für viele Motive seines Spätwerks. Mehr als 200 Gemälde entstanden im Garten rund um die Villa.
Den 7.000 qm große Garten gestaltete der Landschaftsarchitekt Albert Brodersen, der 1910 bis 1926 Gartendirektor in Berlin war. Dabei orientierte er sich eng an den Vorstellungen von Max Liebermann und dem Leiter der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark. Ein starkes Team, wie wir heute sagen würden.
Vor dem Haus: bunter Nutz- und Blumengarten, eleganter Vorplatz.
Den Eingang der Anlage bildet das hübsche Gärtnerhaus, in dem der Kassenbereich und ein kleiner Shop untergebracht sind – wie sollte es anders sein.
Vor dem Haus verzaubert ein formal angelegter, kunterbunter Küchen- und Blumengarten. Gemüse stehen in Reih und Glied in buchsbaumgefassten Beeten, zahlreiche Dahlien, Einjährige und Stauden wogen dazwischen. Jetzt im Frühherbst überwiegen Gelb- und Orangetöne. Attraktiv dazu sehen die Holzbänke in einem matten Türkis aus.
Der lange Mittelweg führt direkt auf die vordere Loggia der Villa zu. Eine quer zum Weg gepflanzte Lindenhochhecke trennt den Nutzgarten vom Vorplatz des Hauses ab, der mit Rasenflächen, Buchsbaumkugeln und Hortensien gestaltet ist und zur Eleganz der dorischen Säulen passt, die die Hausfassade schmücken.
Wannsee-Eleganz: Blumenterrasse, Birkenweg und Heckengärten.
Auf der Rückseite des Gebäudes ändert sich der Stil, hier herrscht Grandezza mit der berühmten Blumenterrasse, auf der ein Café betrieben wird, dem Birkenweg, den Heckengärten sowie der großen, sich bis zum Ufer des Wannsees erstreckenden Rasenfläche.
Die Terrasse ist konsequent mit roten Pelargonien geschmückt, die weißen und lila Schmucklilien waren bei unserem Besuch in den letzten Zügen ihrer Blüte und sehen im Sommer sicher noch besser aus. Dafür tanzten jetzt die Herbstanemonen als Abschluss-Truppe vor der Rasenfläche.
Auf der rechten Seite führt ein langer Birkengang Richtung Wasser – bei Sonnenschein läuft man wie unter einem funkelndem Vorhang hindurch. Am Wasser selbst stehen ein Pavillon und einige Tische und Stühle, auf denen man die Zeit mit Blick auf den Wannsee verträumen kann. Schön ist, dass auch eine kleine hölzerne Seebrücke wieder aufgebaut werden konnte, mit der sich Land und Wasser verbinden.
Eine besondere Rolle kam den drei Heckengärten in der Gesamtkonzeption des Gartens zu. Wie an einer Kette verlaufen drei geometrisch-formal gestaltete Gartenräume an einem Mittelgang entlang Richtung Wannsee. Sie sind erst jüngst rekonstruiert worden.
Du musst wissen, dass Haus und Garten jahrzehntelang völlig anders genutzt wurden, nachdem Max Liebermanns Witwe Martha 1940 aus „Rassegründen“ von den Nazionalsozialisten gezwungen wurde, das Anwesen zu verkaufen. Erst zum 150. Geburtstag Liebermanns im Jahr 1997 erwirkte die Max-Liebermann-Gesellschaft, dass der Berliner Senat die Nutzung der Villa als Museum beschloss – jedoch ohne finanzielle Mittel für das inzwischen desolate Anwesen zur Verfügung zu stellen. Alle Restaurierungsarbeiten wurden durch Spenden finanziert und sukzessive durchgeführt. Heute ist die Liebermann-Villa ein Publikumsmagnet: Etwa 80.000 Besucher kommen jährlich und genießen den Ort und die vielen Veranstaltungen.
Im Haus: Geschichte des Anwesens sowie Kunst und Café.
Zu einem runden Ausflug gehört für mich die Mischung aus Anregung und Entspannung. Schön, dass im Haus sowohl das Museum als auch ein Café eingerichtet sind. Die Ausstellung im Obergeschoss zeigt Gemälde, Pastelle und Grafiken Max Liebermanns und weiterer Maler seiner Zeit. Es entsteht ein ganz besonderes Flair, da man die Inspiration der Umgebung für die Malerei direkt vor Augen hat. Die eigenen Eindrücke des Gartenspaziergangs erlebt man eingefangen und gebannt auf Leinwand – die 100 Jahre, die dazwischenliegen, scheinen nicht zu existieren.
Aber dann: Die kleine Dokumentationsausstellung über das Leben der Familie Liebermann wirkt wie ein Hammerschlag. Das Ende der Schönheit, der Kunst, der Würde kam drei Jahrzehnte nach Bau des Hauses. Schmähbriefe unvorstellbarer Grausamkeit an den einst hoch geschätzten Präsidenten der Akademie der Künste und Ehrenbürger der Stadt sowie die Dokumente über das Sterben der fast neunzigjährigen Witwe Martha machen fassungslos.
Einen Besuch an diesem besonderen Ort empfehle ich ausdrücklich, vielleicht magst du dich ja sogar für den Erhalt engagieren, denn nach wie vor gibt es keine öffentlichen Zuwendungen – eine der vielen Kuriositäten im deutschen Kulturbetrieb.
Ergänzende Infos.
Adresse: Colomierstr. 3, 14109 Berlin
Tel.: 030/80585900
Geöffnet April bis September:
täglich außer dienstags (!) 10 – 18 Uhr
Do, So und feiertags 10 – 19 Uhr
An allen Feiertagen von 10 – 19 Uhr geöffnet
Oktober bis März:
täglich außer dienstags (!) 11 – 17 Uhr
An Feiertagen geöffnet, 24. und 31. Dezember geschlossen