Nach Neuseeland reisen: ein Erlebnisbericht und viele Tipps
Fotoalbum auf von unserem bisher fernsten Fernurlaub. Wir sind nach „Mittelerde“ gereist, nach Neuseeland, um unsere Tochter zu besuchen und uns selbst zu finden. Ich starte mit einem allgemeinen Beitrag, Beschreibungen von tollen Botanischen Gärten werden folgen.
Nein, Neuseeland war nicht schon immer der Traum meiner schlaflosen Reisenächte. Nein, ich sitze nicht gern Ewigkeiten mit Stützstrümpfen im Flieger. Nein, ich leide nicht an übermäßigem Reichtum. Ja, ich bin Neuseeland-verzaubert und fühle mich wirklich verändert. Jetzt.
Alles kam durch das Auslandsjahr unserer Tochter. Im Alter von 15 Jahren wollte sie ein Schuljahr abroad verbringen und hatte sich als Destination das andere Ende der Welt ausgeguckt – wir hatten da ein wirklich unabhängiges Menschlein in die Welt gesetzt. Und nach der Rückkehr? Würde sie sich hier wieder nahtlos einleben?
Nachdem sie ein halbes Jahr dort verbracht hatte, wollten auch wir Neuseeland kennen lernen, um uns in sie hineinversetzen und später Erinnerungen teilen zu können. Also packten wir unsere Koffer und starteten das neue Jahr in Neuseeland. Welch herrlicher Gedanke, dort im Hochsommer anzukommen.
Die Route nach und durch Neuseeland.
Der Start verlief holprig, als wir wegen Wetterkapriolen gleich den ersten Anschlussflug in Frankfurt verpassten und 24 Stunden bis zum nächsten Flug Richtung Singapur warten mussten. Unsere Route war Berlin-> Frankfurt-> Singapur-> Christchurch auf der Südinsel Neuseelands. Insgesamt sind das knapp 20.000 Kilometer und deutlich über 30 Stunden Reisezeit – die Zwangspause in Frankfurt natürlich nicht mitgerechnet.
Unser Plan sah vor, dass wir im Südosten der Südinsel in Christchurch starten, zur Westküste queren (leider den Süden mit den Alpen und Gletschern für einen späteren Urlaub außen vor lassen) und dann an der Westküste nach Norden fahren. (Neuseeland besteht aus zwei Inseln: einer Nord- und einer Südinsel.) An der Tasman Bay wollten wir zum Baden Station machen, um uns dann noch die Marlborough-Region mit seinem Weinbau anzuschauen – schließlich ist mein Liebster Weinhändler. Danach sollte es per Fähre auf die Nordinsel gehen, wo wir in der Hauptstadt Wellington auf unsere „Kleine“ treffen und mit ihr gemeinsam nach Norden Richtung Coromandel Halbinsel reisen wollten.
Der Neuseeland-Effekt.
Der Neuseeland-Trip wurde für mich eine magische Reise. Kaum hatte ich den Fuß auf die Insel gesetzt, fühlte ich mich frei und großartig – trotz der zwölf Stunden Zeitverschiebung und der langen Anreise in den Knochen. Vielleicht ja gerade wegen der 12 Stunden Zeitverschiebung?
Ich war zum ersten Mal, seit ich berufstätig bin, wirklich weg. Unerreichbar. Wach, wenn zu Hause Nacht ist, und umgekehrt. Raus aus dem Alltag. Ohne auch nur eine schicke Klamotte im Koffer. Ohne Make-up-Produkte. Offline! Was für ein Luxus.
Berge und Vulkane, blubbernde Geysire, riesige Seen, üppige Vegetation, Postkarten-Strände – jeder Tag hatte seinen Zauber und war für uns als Individuen auf der Suche nach uns selbst, aber auch als Familie ein Geschenk. Ich bin sehr glücklich, dass wir die Erinnerungen an Neuseeland mit unserer Tochter werden teilen können und bestimmt wieder zurückkehren. Der Süden der Südinsel ruft, wenn ich abends nicht einschlafen kann…
Für wen Neuseeland das perfekte Reiseland ist.
Da ich seit meiner Rückkehr immer wieder gefragt werde, für wen Neuseeland die richtige Destination sei, habe ich hier ein paar Punkte zusammengefasst.
Nach Neuseeland solltest du reisen:
Wenn du Natur liebst und deine Lieblingsfarben blau wie die Südsee und grün wie die Baumfarne sind. In Neuseeland (New Zealand = NZ) hast du von subtropisch warmen Regionen im Norden bis zu dem der Antarktis nahen Süden sehr verschiedene Klimazonen sehr dicht beieinander. Der Urwald wächst bis fast an die Gletscher heran. Sehenswert!
Wenn du knackeblaue Hortensien in freier Natur erleben möchtest – oder in sehr schönen botanischen Gärten die Gleichzeitigkeit von bei uns Frühlings- und Herbstblühern.
Wenn du „Wetter“ magst – die Sonne Neuseelands ist intensiv, in den meisten Gegenden regnet es viel und der Wind bläst oft heftig. Im Gegensatz zu Australien wird es allerdings nicht übermäßig heiß.
Wenn du dich nach freundlichen Menschen sehnst – in NZ wirst du von Fremden gegrüßt, nach deinem Befinden gefragt und angelächelt. Autofahrer fahren defensiv. Das Motto ist: „Locker bleiben.“ Automatisch wirst auch du netter und entspannter.
Wenn du gern eine Fernreise machen möchtest, aber es ok für dich ist, auf europäische Kultur zu treffen. Wer echte „Abenteuer“ und in exotische Kulturen jenseits unserer Zivilisationen abtauchen will, ist in NZ nicht richtig.
Wenn du dennoch eine andere Kultur kennen lernen möchtest: Erst vor 170 Jahren kamen die Europäer (Pakeha) nach NZ. Aber bereits fast rund 700 Jahre leben ehemals polynesische Siedler dort, die Maori (sprich Mauri mit leicht gerolltem R). Ihre Sprache und ihre Kultur genießen, insbesondere in neuerer Zeit, gesellschaftlich hohes Ansehen. In ihrer Sprache heißt Neuseeland Aotearoa (sprich Autearoa): Das Land der langen weißen Wolke.
Wenn du Seebären, Wale und Delfine in freier Wildbahn sehen willst. Im Winter können dir sogar Pinguine begegnen.
Wenn du auch Schafen und Rindern etwas abgewinnen kannst – NZ ist in sehr großen Teilen Weideland und keineswegs unberührte Natur. Denk an das Zuhause der Hobbits, an Mittelerde, und du weißt, was ich meine.
Wenn du dich nicht scheust, eine Weile andersherum zu leben – in NZ fährst und gehst du links, Sommer ist, wenn wir Winter haben, die Sonne steht mittags im Norden und dreht sich gegen den Uhrzeigersinn.
Wenn du Abstand brauchst und deine Akkus neu laden musst.
Wenn du glücklich sein willst.
Ich habe eine Reihe Fotos zusammengestellt. Klicke sie einfach an, um sie zu vergrößern und die Bildbeschreibungen zu lesen. Dies sind Eindrücke von der Südinsel mit den beeindruckenden Bergen und der rauen Westküste.
Praktische Tipps.
Wenn du kürzer als drei Monate in NZ verbringen wirst, benötigst du kein Visum. Wenn du dir ein Fahrzeug mieten willst, brauchst du jedoch einen Führerschein, der die Angaben auch auf englisch ausweist.
Wer es sich leisten kann: Die Reiseklasse „Premium Economy“ kann ich als großer Mensch mit riesenhaften Beinen vom Preis-Leistungsverhältnis sehr empfehlen.
Wer nach Neuseeland reist, will in der Regel so viel wie möglich sehen. Wenn dann die Aufenthaltszeit nicht allzu lang ist, kommt man schnell in die Gefahr, das Programm zu voll zu packen. (Nie wieder lästere ich über „Europa-in-einer-Woche-Touristen, seit ich selbst viel zu viel in viel zu kurzer Zeit bereist habe…) Man bedenke: Beide Inseln sind jeweils ungefähr so lang wie Deutschland, aber Autobahnen gibt bis es bis rund um Auckland keine.
Wir haben uns bewusst gegen einen Camper entschieden, da wir gern mit Einheimischen in Kontakt kommen und viel Englisch sprechen wollten. Dafür ist Bed & Breakfast, das es so ausgeprägt wie in England gibt, super. Oft frühstückt man im Esszimmer der Gastleute, was wir stets sehr genossen haben.
NZ ist eher teuer. Umgerechnet kosten Hauptgerichte mindestens 20 €, ein großes Bier in einer der vielen Brauereien um die 7 €. Durch den weiten Flug kommt eine beträchtliche Summe zusammen. Dir muss auch klar sein, dass du in Diskussionen über Carbon Footprint nicht mehr den Heiligen raushängen lassen kannst. Sowohl der Flug als auch die Fahrten in Neuseeland machen dich für immer zum Umweltschwein. Also: Fliege für eine möglichst lange Zeit hin.
Essengehen ist für neuseeländische Familien nicht so üblich wie bei uns. Man holt sich eher etwas aus den Take-away-Buden und nimmt es mit nach Hause. Das hält auch die Ausgaben im Rahmen.
Wer länger dort ist, muss aufpassen, nicht zuzunehmen: Das Essen wird häufig frittiert. Burger und Fries sind die Standardgerichte. Man muss eine Weile suchen, bis man gesundes Essen findet. Das geht am leichtesten in den zahlreichen asiatischen Restaurants. Ich habe aber auch wunderbare Bowls gegessen, die selbst Yotam Ottolenghi gefallen hätten: vegetarisch, mit vielen Kräutern, Sprossen und Nüssen.
Die Kiwis, wie sich die Einheimischen selbst nennen, sprechen einen recht schwer verständlichen englischen Dialekt. „E“ wird als „i“ ausgesprochen und es wird tüchtig genuschelt. Trau dich aber, nachzufragen, wenn du etwas nicht verstanden hast, die Leute sind extrem freundlich.
In NZ kannst du dich lässig anziehen. Die Einheimischen gehen im Sommer oft barfuß – richtig gelesen: ohne Schuhe.
NZ ist schwer angesagt und du wirst nicht der einzige Tourist sein. Insbesondere bei Deutschen ist das Land beliebt: Schließlich sind wir eine Wandernation und wandern kann man dort großartig.
Ein besonders schönes Souvenir ist Greenstone pounamu (ich trage ihn als Anhänger auf dem Foto, siehe unten), Jade von der Westküste der Südinsel. Er ist selten und kostbar und wird dich immer an dieses besondere Land erinnern.
Auch die Nordinsel mit ihrer Mauri-Kunst, Vulkanen und Geysiren hat großen Reiz: bitte anklicken.