Die Tipps der Top-Floristen: ein Interview mit den Macherinnen von Marsano
Es gibt hübsche Blumensträuße, und es gibt florale Statements im Raum. Ich wollte letzteren auf die Spur kommen und bat die Floristinnen von Marsano um ein Interview. Zwei Profis geben Tipps für besondere Kreationen.
Heute geht es nach Berlin-Mitte zu einem der angesagten Top-Floristen, um Anregungen für Blumensträuße und Dekoration zu erhalten. Ich verwende in meinen Texten ja gern die klassischen Begriffe, unter denen du dir sofort vorstellen kannst, worum es geht. „Blumenladen“ wäre bei Marsano dann aber deutlich untertrieben. Ich versuche es mal mit: Marsano ist ein Concept Store für Blumen und Interieur. Hinter Marsano stehen die drei Partner Annett Kulmann, Katrin Jahn und Andreas Namysl.
Um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, treffe ich Annett und Katrin vor Ort und erlebe zwei sehr sympathische und entspannte Gesprächspartnerinnen. Wir sitzen auf zwei beeindruckend großen Sofas im Showroom von Marsano Vintage, umgeben von Dekoobjekten, die glamourös wirken, aber kein bisschen überkandidelt.
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Annett, ich habe schon einiges über dich in den Medien gelesen und wenn es um die Top-Floristik in Berlin geht, fällt dein Name. Eigentlich seid ihr doch aber ein ganzes Team?Annett:
Das ist richtig. Wir sind drei gleichberechtigte Partner, Katrin, Andreas und ich, und unser Team besteht sogar aus 35 Leuten. Wir drei hatten bereits früher zusammen gearbeitet und uns dann 2006 gemeinsam selbstständig gemacht. Wir wussten genau, was wir aneinander haben, dass wir uns ergänzen und ohne Einschränkung gut miteinander können.
Damit wir euch kennen lernen: Was ist euer Konzept von Marsano?
Katrin:
Auf der einen Seite sind wir Floristen für die klassische Kundschaft im Geschäft sowie Aufträge aus Unternehmen und der Hotellerie, auf der anderen fertigen wir für Veranstaltungen – direkt oder über Agenturen. Ein nennenswertes Business sind Hochzeiten geworden. Heutzutage werden die Feste immer opulenter. Durch Medien wie Pinterest und Instagram ist die Sehnsucht nach tollem Blumenschmuck besonders bei den Bräuten oft sehr ausgeprägt.
Darüber hinaus gehen wir auch zum Kunden nach Hause und übernehmen die Bepflanzung von Balkon und Terrasse. Neben Floristen beschäftigen wir auch gelernte Gärtner und haben übrigens mehr als zehn Männer im Team.
Und was ist das hier mit den Möbeln und Dekorationen? Gehört zur Blume die entsprechende Bühne?
Annett:
Es ist ja so: Alle in der Branche besuchen die selben Messen, informieren sich an den identischen Quellen. Das reicht uns nicht. Wir setzen hier bei Marsano Vintage ausdrücklich auf Flohmarktsachen und die Arbeiten Berliner Designer, um aus der Uniformität herauszukommen. Hier kommt zum Beispiel regelmäßig ein 80jähriger Holländer vorbei, der uns die interessantesten Unikate bringt. Es soll ja heute um Tipps für die Leser gehen und da kann ich nur ermuntern: Setzt auf Überraschungen, baut Dinge mit Geschichte in die Dekorationen ein.
Katrin:
Wir arbeiten zum Beispiel mit Stylisten zusammen, die sich Teile der Inneneinrichtung für einen gewissen Zeitraum oder bestimmte Anlässe mieten. Es gibt sogar Kunden wie Arztpraxen, die immer mal wieder ein anderes Sofa leasen. Mit etwas Augen-auf auf dem Flohmarkt oder bei den Schätzen der Familie kann man tolle Dinge mit Ausstrahlung finden.
Ich bin auf euch gekommen, weil ich nach Impulsen suche, wie man aus einem gewöhnlichen Strauß etwas Besonderes machen kann. Vor anderthalb Jahren war ich daher schon mal bei euch zu einem Blumenbinde-Workshop, bei dem wir Kirschblüten mit Fritillaria, Strelitzie, Anthurie, Zierlauch, Milchstern, Orchidee und Monsterablatt kombiniert haben. Ist euer Weg der der Exoten? Und was ratet ihr Menschen, die ihre normalen Blumen aus dem Garten verwenden wollen?
Katrin:
Zu den Pfingstrosen, die ihr im Garten schneidet, beim Floristen eine Strelitzie dazukaufen. Im Ernst, ein exotischer Twist bringt Pepp.
Annett:
Aus meiner Zeit bei Absolute Flowers in London habe ich mitgenommen, sich von der klassischen Blumenlehre freizumachen. Wir kombinieren hiesige mit exotischen Pflanzen.
Was ist das Geheimnis eines typischen Marsano-Straußes?
Annett:
Das Wichtigste ist: Arbeite mit Gefühl. Blüten sind Emotionen. Die Haptik ist wichtig, samtige, weiche Texturen schmeicheln. Düfte spielen eine große Rolle. Wir achten zum Beispiel bei unseren Rosen auf wirklichen Rosenduft. Der in Kombination mit Levkojen und Päonien – ein Traum, der uns sofort in den Frühsommer bei Sonnenschein entführt.
„Echt Marsano“ ist wahrscheinlich auch die Sache mit der Farbe: Probier mal aus, den Stielen alle Blätter wegzunehmen. Statt des obligatorischen Grüns versuchen wir, Laub im Grundton des Straußes hinzuzufügen. Es gibt so tolle Weinrottöne oder Gelbnuancen.
Die Verbindung zum Gefäß ist ebenfalls wichtig. Auch da spielt die Farbe eine wichtige Rolle. Was du hier im Geschäft siehst, ist auch ganz einfach der Trick, viele Gefäße zu kombinieren, die irgendwas gemeinsam haben: Farbe, Form, Material, Stil.
Was mich erstaunt, ist, dass ihr hier Vasen habt, die meine Oma auch hatte und die ich mit miefig-spießig verbinde – die Kristallrömer zum Beispiel. Aber sie wirken hier cool.
Annett:
Das stimmt, wir müssen sie einfach in einen neuen Kontext überführen. Ohne Spitzendeckchen, aber mit mehr Klarheit in der Formensprache drumherum sehen sie ganz anders aus. Aber es gibt auch Gefäße, die bleiben schlimm. (lacht)
Katrin:
Mein Trick für alte Glasvasen sind Teelichter und ein großer IKEA-Spiegel. In ein paar Vasen kommen Blumen, in die anderen die Lichter. Auf dem Spiegel als Tablett wirkt das großartig. Übrigens sind aber auch Weckgläser für diese Art von Deko immer gut. Neulich habe ich auch im Supermarkt so ein tolles großes Glas mit Süßigkeiten drin gesehen. Für ein paar Euro konntest du da ein tolles Windlicht bzw. Blumengefäß kaufen. Da musste ich zuschlagen.
Annett:
Ich versuche, im wahrsten Sinne immer wieder einen Schritt zurückzutreten, die Dinge neu zu betrachten. Im Zweifel: die Dekoration schlicht lassen, nicht zuviel tun. Diesen Trend mit Spitze oder Karoschleifchen würden wir zum Beispiel nicht mitmachen. Unsere Riesengartenzwerge vorm Haus finden wir in ihrer Überhöhung dagegen lustig.
Wie schafft ihr es, kreativ zu bleiben?
Katrin:
Wir genießen es vor allem, einen der schönsten Jobs der Welt zu haben. Jeder von uns ist tatsächlich einen Tag in der Woche als Florist tätig. Wir wollen auf gar keinen Fall nur am Schreibtisch sitzen, Angebote und Rechnungen schreiben. Dafür haben wir uns diesen Beruf nicht ausgesucht. Es ist für mich das Schönste, morgens in aller Herrgottsfrühe aus dem Blumenmarkt zu kommen, ganz bei mir zu sein und mich an der Ware zu erfreuen. Ich erlebe die Jahreszeiten mit den wechselnden Blumen sehr intensiv.
Annett:
Wir versuchen auch, uns durch eine Vier-Tage-Woche Freiheiten zu verschaffen – nicht nur wir drei, sondern die meisten bei uns. Wir arbeiten zehn Stunden am Tag, haben aber dadurch die Möglichkeit, auch noch was anderes zu machen. Dadurch gibt es unheimlich viel Aktivität jenseits von Marsano im Team. Früher habe ich noch intensiv fotografiert. Außerdem haben Katrin und ich auch Familie.
Katrin:
Ich bin noch anders für Marsano kreativ. Zum Beispiel habe ich die ganzen Makramees gemacht, die wir verkaufen. Manchmal töpfere ich auch. Wir wollen so flexibel bleiben, wie wir es heute sind. Und wir wünschen jedem, ebenfalls so arbeiten zu können.
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Da klingt tatsächlich nach einem sehr guten Konzept. Ich danke euch herzlich für das Gespräch, die Tipps und den Impuls, über das eigene Arbeitsmodell nachzudenken. Ich melde mich, wenn ich das erste Mal eine Strelitzie oder Anthurie mit meinen Gartenblumen kombiniert habe.
Die nachfolgenden Beispiel-Fotos sind von Marsano. Ich hoffe, sie machen Lust, zu experimentieren. Viel Spaß beim Kreativsein!