Ikebana Saga-Goryu-Schule: Blumen von des Kaisers Insel
Ein Ausflug in die Ikebana-Welt der Saga-Goryu-Schule. Begleite mich auf die Insel des Kaisers Saga und lerne, ein Ikebana von großer Schönheit und Natürlichkeit zu stecken.
Kampfsport ist nicht gleich Kampfsport und Ikebana ist nicht gleich Ikebana. – Ein zu wenig ästhetischer Einstieg für einen Beitrag über edle Blumensteckkunst? Ok, ich geb’s zu. Was ich aber sagen will, lässt sich so gut verdeutlichen: Es gibt unterschiedliche Ansätze und Schulen im Ikebana.
Neulich lernte ich in einem Workshop die Saga-Schule kennen. Die Schule ist die Wiege des japanischen Ikebana und wurde bereits 815 durch Kaiser Saga gegründet.
Harmonie der Natur widerspiegeln.
Die Arrangements sollen durch die besondere Beziehung der Pflanzen zueinander die Harmonie der gesamten Natur im Kosmos widerspiegeln. Du versuchst also, die Natur in bester Ausgewogenheit nachzubilden. Das bedeutet neben der Platzierung der tonangebenden Pflanzenstiele/-zweige, dass du nicht einfach irgendwelche Materialien zusammenstellen kannst. Die natürlichen Vorkommen der Blumen sind wichtig, ihre Standorte und Blütezeiten im Jahreslauf. Rosen und Schilf wären daher keine guten Partner, Iris und Schilf jedoch schon.
Als Steckhilfe dient ein Shippho, ein Gebilde aus Metallringen, das für Ungeübte eine Herausforderung darstellt. Die Anschaffung dieser bleischweren Helfer empfehle ich dennoch unbedingt, weil sie auch jenseits von Ikebana auf dem Boden einer Vase Blumen Halt geben und in der gewünschten Position fixieren können. (Bezugsquelle Shippo)
Workshop-Thema Flusslandschaft.
Das Thema des Workshops war, in einer flachen Schale zwei bewachsene Inseln in einem Flusslauf zu gestalten. Cool! Ich war in meinem Element. Shopping generell nicht abgeneigt, legte ich mir gleich zwei Shippos zu – einen zweier und einen einer.
Umgang mit den Shippos.
Da die Unterteilungen der Shippos sehr groß sind, müssen die Stengel der Pflanzen so abgeflacht abgeschnitten werden, dass sie an den Wänden des Shippos anliegen. Oder du scheidest sie so ein, dass du die beiden Endhälften des Stiels über das Metall stülpen kannst. Auch ein Abknicken des Stängelendes ist möglich, um so die Blume in den Shippo einzuklemmen. Sind die Stengel aber dünn und biegsam, empfiehlt es sich, die Unterteilungen im Shippo mit Kleinschnitt auszufüllen und so eine Art Steckigel zu kreieren. Das sieht dann so ähnlich aus wie die Hohlstengel in einem Insektenhotel. Und dann hast du freie Bahn und kannst mit dem Stecken der Landschaft en miniature loslegen.
So werden die Pflanzen gesteckt.
Ein Gesteck in einer Schale heißt im Ikebana übrigens Moribana. Im Flusslauf meines Moribanas lagen die Shippo-Inseln vorne links und hinten rechts. Die Stiele habe ich entsprechend auf zwei Shippos aufgeteilt. Ich verwendete Skimmie, um sie als die vorgeschriebenen fünf Hauptlinien Tai, Su, Yu, Uso und Saso auf meinen Inseln einzusetzen.
Die Leitstiele – sie sind alle aus dem gleichen Material – müssen zuallererst auf folgende Länge gebracht werden:
- Tai: 1 1/2 mal so lang wie die Schale breit ist
- Yu: 2/3 von Tai
- So: 1/2 von Tai
- Uso und Saso: kürzer als So (kann je nach Material variieren)
Diese fünf Stiele sind nun in aufgeführter Reihenfolge nach dem Schema zu platzieren, das du auf der Abbildung erkennst:
- Tai: 45 Grad
- Yu: 15 Grad
- So: waagerecht
- Uso und Saso ungefährt hälftig dazwischen
Beim Ikebana ist wichtig, dass du dir viel Zeit lässt und jede einzelne Pflanze sehr genau anschaust. Wie ist sie gebogen? Wie kommt sie am besten zur Geltung? Am Ende soll die Blume dich anschauen, wenn sie platziert ist: „Die Sonnenseite nach vorn zeigen“, wie die Ikebanalehrerin sagte.
Danach wird mit so genannten vergänglichen Materialien, Tsunagi, aufgefüllt, damit von den Shippos nichts mehr zu sehen ist: Fürs Unterholz wählte ich kleinblättrigen Rhododendron. Wichtig ist dabei, dass nichts von den Pflanzen ins Wasser hängen oder auf dem Schalenrand aufliegen darf.
Reizvoll fand ich, einen knorrigen Zweig Totholz als Brücke zwischen den Inseln einzusetzen. Minihagebutten, Sterndolde und Wiesenknopf sind ein hübscher und natürlich wirkender Farbklecks dazu, oder?
Den letzten Schliff erhielt das Gesteck durch Steine und Kies, die habe ich aber erst eingefügt, als mein Moribana und ich wohlbehalten wieder zu Hause angekommen und alle Materialien in meine Glasschale umgezogen waren.
Und? Hast du Lust bekommen? Vielleicht inspiriert dich ja die poetische Entstehungsgeschichte des Saga-Ikebana zu eigenen Kreationen:
Der japanische Herrscher Saga besaß im Südosten der alten Kaiserstadt Kyoto einen Palast mit einem schönen Teich samt Insel. Jeden Morgen schaute er aus dem Fenster zu der Insel hinüber und genoss den Anblick der im Herbstlicht glänzenden Chrysanthemen. Solche Herrlichkeit der Natur wollte er auch in seinen Räumlichkeiten genießen. Mit Chrysanthemen dieser Insel arrangierte Herrscher Saga eines Tages sein erstes Ikebana.
Es ist ganz leicht: Erkenne den Charakter der Pflanze und trachte nach Harmonie. In der Anordnung und in dir selbst.

Wie in der Natur soll der Bachlauf mit den Inseln aussehen, schlicht und schön
Ikebana-Kurse gibt es in vielen Städten, eine gute Recherchequelle ist die Seite des Ikebana-Bundesverbands.
Die Workshops machen ausgesprochen viel Spaß, hier kommen ein paar Impressionen des Saga-Goryu-Abends (alle Fotos vergrößern sich durch anklicken):
- Das Gesteck der Ikebana-Lehrerin, anhand dessen die TeilnehmerInnen es dann selbst versuchen
- Meinen Shippo fülle ich mit Buchs aus, damit dünne Stiele besser halten
- Mein Moribana entwickelt sich langsam, die Hauptlinien sind gesteckt
- Jeder setzt das Thema auf seine eigene Weise um
- Alle Materialien sind möglich. Mit Schilf ergibt sich ein reduziert schönes Bild
- Die Linien der Saga-Schule – ein bisschen Abweichung ist aber wohl immer :-)
- Mein fertiges Moribana in geliehener Schale
Ich verlinge mein Gesteck zum Holunderblütchen-Blog zu anderen schönen Freitagsblumen.
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