Gartenreise Marrakesch: Ménara, Jardin Majorelle, Cyber-Park & Jardin Secret

Teil 2 der Reihe über die zauberhaften Gärten von Marrakesch. In diesem Artikel geht es um Anlagen, die direkt in Marrakesch zu besichtigen sind: Ménara, Jardin Majorelle, Cyber-Park sowie den Jardin Secret.

Du hast nach Teil 1 der Gartenreisetipps Marrakesch hoffentlich Lust, weitere gärtnerische Highlights der Stadt kennen zu lernen? Dann lass uns vom zentralen Koutoubia-Minarett immer geradeaus Richtung Südwesten fahren und gleich mit einer Anlage beginnen, die das Postkartenmotiv schlechthin ist: den Ménara-Garten.

UNESCO-Weltkulturerbe Ménara-Garten.

Wenn doch mein Timing besser gewesen wäre! Im grellsten Mittagslicht den Ménara-Garten zu besichtigen, war ja sowas von doof. Also, wenn du nach Marrakesch fahren solltest – was ich sehr für dich hoffe – steh wegen des Lichts entweder früh auf oder lass dir Zeit bis kurz vor Sonnenuntergang. Und bestell bitte klare Sicht. Und etwas Schnee im Hohen Atlas. Mit einem starken Teleobjektiv ausgerüstet, steht dann der Staraufnahme für eine Fototapete nichts mehr im Weg und du kannst diese Perle hoffentlich jenseits des größten Rummels genießen.

Der Ménara-Garten ist nach dem Koutoubia-Minarett vermutlich die bekannteste Sehenswürdigkeit der Stadt und extrem beliebt zum Flanieren und Picknicken bei den Einheimischen. Der Garten wurde um 1150 im Rahmen eines Stadtverschönerungsprojekts angelegt und hat als Grundidee, landwirtschaftliche Flächen mit einem Lustgarten zu kombinieren. So gibt es als zentrales Element ein großes Wasserbecken, um das sich spazierengehen lässt. Es dient als Wasserreserve für die rund hundert Hektar Olivenhaine darum herum. Faszinierend, dass es hier seit fast einem Jahrtausend ein Hydrauliksystem gibt, das über eine Entfernung von 30 Kilometern Wasser aus den Bergen zuleitet.

Der berühmte Pavillon wurde im 19. Jahrhundert erbaut, er diente Sultan Sidi Mohammed als Rückzugsort für ihn und seine Favoritinnen, seine liebsten Haremsdamen. A pro pos: Auch heute noch ist die Vielehe in Marokko erlaubt – allerdings ausschließlich für einen Mann. Bis zu vier Frauen darf er ehelichen, wenn er gerichtlich nachweisen kann, dass er finanziell in der Lage ist, jeder Frau eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen sowie für mögliche Kinder zu sorgen. Da wird es dann mit einem Pavillon schon knapp mit dem Platz…

Zum Schlendern durch die Motive klicke sie einfach an:

Ein blaues Wunder: der Jardin Majorelle.

Wenn du dich nach Ménara schon ans frühe Aufstehen gewöhnt hast, dann solltest du auch vor einem Besuch des Jardin Majorelle den Wecker zeitig klingeln lassen. Es hat sich nämlich auch bei gartenuninteressierten Menschen herumgesprochen, dass ein Besuch dieses Ortes zu den Musts der touristischen Attraktionsliste gehört. But: Who the hell is Majorelle?

Jacques Majorelle

Jacques Majorelle, der „große Unbekannte“

Jacques Majorelle war ein französischer Maler und lebte von 1886 bis 1962. Ferne Länder waren seine große Leidenschaft, er liebte die islamische Welt mit ihrem Licht, den Farben, Formen und Themen. Marokko als französisches Protektorat bot sich als Reise- und Auswanderungsland besonders an. In Marrakesch konnte er Fuß fassen, malte, stellte aus, war recht erfolgreich. Zu Beginn der 30er Jahre erwarb er eine Villa, richtete ein Atelier ein und begann mit der Anlage eines Gartens. Ihn gestaltete er frei, exotisch und üppig. Als gärtnernder Maler machte er ihn durch rot gestrichene Betonwege, gelbe, orange und türkisblaue Pflanztöpfe und vor allem die kobaltblauen Gebäude zu einem einmaligen Ort mit hohem Wiedererkennungswert. Dieser Blauton wurde so berühmt, dass er seitdem Majorelle-Blau genannt wird. Der Hashtag #jardinmajorelle hat auf Instagram aktuell knapp 200.000 Posts – und fast alle sind in irgend einer Weise knackeblau.

Nach seinem Tod verwahrloste der Garten, bis er in den 80er Jahren von Yves Saint Laurent mit seinem Partner Pierre Bergé erworben und ab 2000 in Majorelles Andenken neu gestaltet wurde. Saint Laurent liebte diesen Ort. Als er 2008 starb, wurde seine Asche im Garten verstreut, und es gibt auch eine Gedenkstele dort. Folgerichtig wurde 2018 direkt nebenan das YSL-Museum eröffnet, dessen Architektur sehenswert ist und das eine beeindruckende Schau seiner Kollektionen beherbergt.

Tradition trifft Moderne im Cyber-Park.

Wem die Ohren klingeln vom Djemaa El Fnaa, dem quirligen Platz im Zentrum der Altstadt, findet nur einen Katzensprung entfernt einen Park zum Entschleunigen. Der Arsat Moulay Abdeslan Cyber Parc – schlicht Cyber-Park genannt – ist ein höchst erstaunlicher Ort. Ich dachte an Silicon Valley, an überdimensionale Platinen und stellte mir alles ganz künstlich vor, dabei handelt es sich um die sehr gelungene Neugestaltung eines uralten und heute nach seiner ursprünglichen Idee wiederbelebten Parks. Warum aber „Cyber-Park“? Der Begriff bezieht sich auf den Hauptsponsor der Restaurierung, die Maroc Telecom. Durch sie wurden im Park auch Terminals integriert, die digitale Informationsangebote bereithalten und freien Internetzugang ermöglichen. Ich fand es klasse, dass auf diese Weise die Jugendlichen in diesen Park strömen.

Aber noch rasch ein paar Worte zur Anlage: Der Garten ist mit 8 Hektar recht groß und zweigeteilt: der zur Altstadt zugewandte Bereich war früher Protektoratsgarten und wurde sehr dekorativ mit breiten Alleen, vielen kreativen Formschnittgehölzen und hohen Bäumen gestaltet. Hier erlebt man, wie abwechslungsreich die Farbe Grün eingesetzt werden kann. Es gibt viele Bänke, auf denen Einheimische und Touristen rasten und sich vom Trubel der Stadt erholen. Der hintere Bereich war einst ein Arsat, ein riesiger Garten, in dem es unzählige Olivenbäume gab und in dem die Bevölkerung Obst und Gemüse anbauen konnte. Heute wachsen dort wieder Oliven- und Zitrusfruchtbäume. Ob wir hätten zugreifen können – ich habe es nicht ausprobiert.

Kleinod in der Medina: der Jardin Secret.

Über die Riads von Marrakesch, die Häuser mit Innenhofgärten, habe ich schon im letzten Marrakesch-Artikel berichtet. Ein besonderes Kleinod dieser Art ist der Jardin Secret, der 2013 aus einem völlig heruntergekommenen Palast aus der Saadischen Ära (1549–1664) entstand. Es musste alles erneuert werden: der 17 Meter hohe Turm, alle Gebäude sowie der Garten. Kein Geringerer als Tom Stuart-Smith, britischer Gartendesign-Star, dessen heutigen Stil man als ‚überzeichneten Naturalismus‘ bezeichnen kann, erhielt den Auftrag. Hier in der Altstadt Marrakeschs entwarf er zwei Hofgärten: Ein kleinerer, der „Exotic Garden“, soll mit Pflanzen aus Nord- und Südafrika sowie dem Mittelmeerraum einen christlichen Para­diesgarten darstellen. Ein großer is­lamischer Garten zeigt die typische Vierteilung mit Wasserspiel und Laube in der Mitte. In ersterem begeisterte mich ein atemberaubend schöner Florettseidenbaum (Ceiba speciosa), im zweiten muss es insbesondere am frühen Morgen und späten Abend traumhaft sein, wenn weniger Menschen vor Ort sind. „Secret“ ist der Jardin Secret nämlich lange nicht mehr. Schnell hat sich herumgesprochen, dass es hier auf rund 4.000 Quadratmetern zwei schöne Gärten, einen Turm mit tollem Blick über die Stadt sowie ein kleines Dachgartencafé gibt.

Aber schau doch mal selbst, wie es dir hier gefällt: