Insektenfreundliche Pflanzen: das Interview mit Elke
In meiner Serie über Menschen mit grünem Daumen stelle ich dir heute Elke Schwarzer vor. Sie ist Biologin sowie erfolgreiche Bloggerin und Gartenbuchautorin. Im Interview verrät sie, warum insektenfreundliche Pflanzen weit mehr als nur bunte Blüten bieten und welche besonders wertvoll für den Garten sind.
Liebe Elke, du schreibst auf deinem Blog Günstig Gärtnern und bist Autorin sehr erfolgreicher Gartenbücher, die sich um ökologisches Gärtnern drehen. Wie bist du dazu gekommen?
Ich bin ja Biologin und interessiere mich für alles, was die Tier- und Pflanzenwelt zu bieten hat. Daher kümmere ich mich schon aus Eigennutz um die Insekten und Vögel in meinem Garten. Dieses Wissen möchte ich gern weitergeben. Angefangen hat es mit den Wildbienen, denn sie sind einfach Sympathieträger.

Das Bienensterben hatte man als erstes entdeckt, später stellte sich heraus, dass Pestizide und Lebensraumverlust alle Insekten treffen, bei den Bienen fiel es nur mehr auf. Es gibt auch viele Käfer, die bedroht sind. Noch weniger Aufmerksamkeit bekommen vermutlich nur die Wanzen, wie die Essigrosen-Dickfühlerweichwanze, die extrem selten ist, aber vielleicht auch einfach nur übersehen wird.
Dabei sind Käfer und Wanzen als Bestäuber, Zersetzer und Schädlingsbekämpfer unverzichtbar fürs Ökosystem – ein guter Grund, sich mehr um sie zu kümmern.

Braune Randwanze auf Faulbaum
Eine richtig gute Insektenpflanze wird von Kopf bis Fuß von den Sechsbeinern nach Strich und Faden ausgenutzt. Da gibt es Wurzelläuse ganz unten und Blattläuse ganz oben, dazwischen Stängelbohrer, Blattminierer und natürlich auch die Räuber dieser Arten, wie Schwebfliegen, Blumenwanzen und Marienkäfer, weswegen man auf Pestizide verzichten sollte. Die Blütenbesucher sind nur ein ganz kleiner Teil.

Herzgespann mit Wollbiene

Mannstreu mit Bienenwölfen
Das Thema ist gar nicht so einfach zu beantworten. Grundsätzlich gilt: Je exotischer eine Pflanze, umso unwahrscheinlicher ist es, dass in den Stängeln jemand gefressen hat und da jetzt den Winter drin verbringen möchte. Oder dass ein Schmetterling dort Eier abgelegt hat. Der Kaisermantel wäre so einer, bei dem das Weibchen die Eier an einen Baum legt und die Raupen im Frühjahr am Stamm hinab zu den Veilchen laufen. Aber den Baum lässt man ja meistens doch stehen… Möchte man ganz sicher sein, muss man recherchieren, welche Arten an der betreffenden Pflanze vorkommen können und wie sie den Winter verbringen.
Du gibst den Rat, heimischen Pflanzen den Vorzug zu geben. Was bedeuten heimische Pflanzen und lässt sich mit ihnen ein ganzjährig attraktiv blühender Garten gestalten?
Der Begriff heimische Pflanzen bezeichnet Pflanzenarten, die in einer bestimmten Region natürlicherweise vorkommen, ohne durch den Menschen eingeführt worden zu sein, und die sich im Laufe der Zeit an das lokale Klima, den Boden und die Tierwelt angepasst haben.
Heimische Pflanzen ziehen in der Regel mehr Arten als sehr exotische, gelten aber meistens als blühfaul und wenig attraktiv. Der Gewöhnliche Hornklee (links) ist aber ein echter Dauerblüher und der Natternkopf (rechts) kommt prima mit Trockenheit aus, wenn die Baumarktpflanzen schon vertrocknen. Man muss sich vielleicht an eine andere Art Gartenstil gewöhnen, dann ist ein Naturgarten aber viel interessanter, weil es so viel zu entdecken gibt.

Zum Thema Dauerblüte im Garten interessiert mich, wie du zur züchterischen Bearbeitung von Pflanzen stehst. Ich entscheide ich mich oft für Sorten, die länger und üppiger blühen. Beispiel: Storchschnabel Geranium sanguineum ‘Tiny Monster’ anstatt der klassischen heimischen Wildform. Ist Tiny Monster immer noch eine wertvolle Insektenpflanze?
Und ich habe Geranium sanguineum ‘Elke’. [lacht] Ich bin den Sorten gegenüber nicht abgeneigt, solange sie ungefüllt sind. Nur bei manchen muss man aufpassen, wie beim besagten Hornklee, von dem es für Insekten wenig attraktive Sorten gibt.
Neben der Frage, welche insektenfreundlichen Pflanzen wir setzen sollen, frage ich mich auch: wie viele unterschiedliche? Dann und wann erlebe ich, dass Menschen glauben, von jeder Pflanze aus der Gärtnerei eine im Garten zu haben, bedeute Artenvielfalt. Und ich frage mich dann: Wird eine auf diese Pflanze spezialisierte Wildbiene von einem Exemplar satt? Was ist daher besser: möglichst viele unterschiedliche Pflanzen beheimaten oder weniger verschiedene Pflanzen, aber dafür mehr davon? Dies würde auch mit dem klassischen Gestaltungsprinzip von Menge und Wiederholung zusammenpassen.
Ideal wäre der Zustand, wo in jedem Garten eine bunte Mischung von den besten Insektenpflanzen steht. Dann müsste man sich nicht entscheiden, welche und wie viele von einer Staude man pflanzt. Viele Wildbienen brauchen nämlich schon sehr viele Pflanzen von einer Art, um genügend Brutzellen voll zu bekommen. Vielleicht kann man einfach schauen, ob sich eine gute Insektenpflanze im Garten als besonders vermehrungsfreudig entpuppt, und diese dann ergänzen mit dazu passenden anderen Arten.
„In jedem Garten“ – wie toll wäre es, man könnte sich mit seinen Nachbarn zusammentun und die Flächen mit Insektenpflanzen vergrößern. Was bei mir gut wächst, gedeiht im Nachbarsgarten ja meistens ebenfalls bestens.
Thema Rasen. Was sagst du zu dem Satz: “Wenn es bei mir in den Beeten üppig blüht und nur so summt und brummt, dann ist gegen einen klassischen Rasen doch nichts einzuwenden”?
Solange der Rasen pestizidfrei und ohne Kunstdünger so klassisch perfekt ist, kann man das machen. Wenn man die Insekten fragen würde, wäre ihr Ideal natürlich ein schütterer Rasen mit Klee und Gänseblümchen.
Dann liege ich mit meinem Blumenrasen ja gar nicht so falsch. [freu]
Elke, gern würden wir dich noch als Gartenmenschen näher kennenlernen: Bitte verrate uns doch, welcher Gartentyp du bist:
Rosa oder gelb, nur Blumen oder auch Gemüse?
Rosa und Gelb! Gelb geht immer! Gemüse ist auch prima, ich versuche mich gerade an Gemüseampfer, der ist was für Insekten und für mich. Wenn er nur schon größer wäre…
Gartenhandschuhe oder Erde unter den Fingernägeln?
Wenn’s dornig oder kratzig wird, auf jeden Fall Handschuhe. Für Feinarbeiten aber lieber ohne.
Gerade oder geschwungene Linien?
Beides hat seinen Reiz, bei mir gibt es aber eher Geschwungenes.
Entspannt oder immer auf Trab?
Ich sitze gern mit einem Buch im Liegestuhl, aber wenn ich dann aus dem Augenwinkel ein Fotomotiv wahrnehme, muss ich gleich aufspringen und mein Glück versuchen.
Gibt es Gartenbeschäftigungen, die du am liebsten den ganzen Tag lang tun würdest?
Fotografieren! Das geht zu jeder Jahreszeit, irgendwas ist immer, vom Käfer bis zum Kugelspringer.
Und auf der anderen Seite: Gibt es Tätigkeiten im Garten, mit denen man dich jagen kann?
Rasenmähen. Daher ist der Rasen immer weiter geschrumpft. Jetzt könnte man ihn schon fast als eine durchgehende Rasenkante bezeichnen, da reicht schon die Rasenkantenschere für.
Wie schaffst du es, solch großartige Insektenfotos zu machen?
Viel Geduld und auch ein bisschen das Wissen, welches Insekt man wann und wo erwarten kann. Dann kann man sich gezielt auf die Lauer legen und weiß schon, ob man das Makro oder das Teleobjektiv braucht. Bei Schmetterlingen ist die lange Brennweite besser.
Welche fünf Insekten-Superpflanzen würdest du nie missen wollen und warum?
Die Hängepolster-Glockenblume ist der Renner bei den Wildbienen. Dazu Herzgespann, Heil-Ziest, Nesselblättrige Glockenblume (im Uhrzeigersinn) und Faulbaum. Die wachsen bei mir nämlich ganz gut.

Arbeitest du schon an einem weiteren Gartenbuch?
Ich habe tatsächlich schon wieder eins in Arbeit, aber mehr wird noch nicht verraten…
Spannend! Ich bin sicher, es wird wieder ein wunderbares Buch.
Zum Abschluss möchte ich dir ein Kompliment für deine Veröffentlichungen machen – du verstehst es, Wissen klar und nachvollziehbar zu vermitteln. Deine Texte sind humorvoll und machen richtig Spaß zu lesen. Und dass die Fotos wie bei “Richtig gute Pflanzen für Insekten”* fantastisch sind, hatten wir ja schon!
Ganz herzlichen Dank für deine großartigen Tipps, liebe Elke. Deine Leidenschaft für einen insektenfreundlichen Garten mit insektenfreundlichen Pflanzen hat mich definitiv angesteckt!
Copyright Fotos Elke Schwarzer: Titel Kleine Feuerfalter, Portrait Elke, Braune Rundwanze, Herzgespann, Mannstreu
*Der mit Sternchen (*) gekennzeichnete Verweis ist ein sogenannter Provision-Link von Amazon. Wenn du auf so einen Verweislink klickst und über diesen Link einkaufst, bekomme ich von deinem Einkauf eine kleine Provision. Das hilft mir, dieses Blog zu betreiben. Für dich oder Elke verändert sich nichts.
Über mich


Liebe Xenia,
danke für das Interview, war mir eine Ehre!
Hier gibt es ja einiges an Rückmeldungen, zum Beispiel freut mich der Faulbaum bei Margit wirklich sehr.
Ich hoffe, meiner wird dieses Jahr von den Zitronenfaltern mit Eiern belegt. Letztes Jahr war eine Raupe dran, die ich dann aber nicht mehr wiedergefunden habe (die Meisen?).
Viele Grüße
Elke
Ein sehr informatives Interview mit Elke (von der ich grade rüber komme)! Ich bin auch immer sehr begeistert von den tollen Bildern, die Elke von allen möglichen Insekten macht. Ich finde es klasse, wenn es summt und brummt im Garten. Letztes Jahr habe ich zwei Faulbäume gepflanzt. Ich bin schon sehr gespannt…
Viele Grüße von
Margit
Hallo, Margit,
wie schön, dass du direkt über Elke wieder hierher gefunden hast. :-) Gleich zwei Faulbäume – das wird Elke sehr freuen! Und die Insekten bei dir im Garten natürlich auch.
Hab eine zauberhafte Gartenwoche und bis bald!
Xenia
Liebe Xenia,
Ein sehr nettes und informatives Interview ! Es gibt so viele Arten von Insekten, die unsere Hilfe brauchen, die meisten von ihnen kennt man gar nicht, und oft sind sie so klein, dass man sie im Garten gar nicht wahrnimmt. Also Vielfalt pflanzen ! Wichtig wäre natürlich, wie Elke schon anmerkt, genügend Exemplare von einer Wildstaudenart anzubieten, ebenso wie die Honigbiene brauchen auch die wilden Verwandten eine Art „Tracht“ um satt zu werden.
Wir haben das Glück, dass unser Grundstück sehr groß ist, so können wir es uns leisten, größere Streifen von Wildwuchs zu zulassen. Herzgespann blüht hier in Massen, Disteln aller Art, Brennnesseln, Taubnesseln, Ziest u.s.w. auch ganz winzige Wildkräuter, die ich gar nicht alle kenne.
Im Winter werden allerdings viele vertrocknete Stängel und Brennnesseln von unseren Zwergschafen gefressen, aber ich denke, dass das nicht gravierend zur Artenvernichtung beiträgt !
Liebe Grüße
Inge
Das klingt nach einem echten Insektenparadies bei dir, liebe Inge. Ein Garten, in dem sich sowohl die Insekten als auch eure Schafe sattfressen können – was will man mehr?
Sei herzlich gegrüßt!
Xenia