Ikebana mit weißer Amaryllis

Ikebana bringt zur Ruhe, fokussiert auf das Wesentliche und passt ausgezeichnet in schlichtes westliches Interieur.

Januar. Ruhe ist eingekehrt. Prunk und Glitzer und auch die Hektik des Dezembers sind vorbei. Das Jahr beginnt mit dem Wunsch nach Reduktion.

Ich hatte da diesen Plan, Ikebana zu erlernen. Einen Kurs wollte ich belegen, du erinnerst dich, ich hatte hier darüber berichtet. Aber manchmal findet man selbst in der großen Stadt nicht sofort das richtige Angebot. Also habe ich erst einmal begonnen, mich in das Thema einzulesen:

Respekt vor der Natur und den Jahreszeiten. Genaues Beobachten. Schlichtheit, ausdrucksvolle Linien, Asymmetrie, starke suggestive Wirkung. Neben dem eigentlichen Schaffensprozess spielt auch die geistige Verfassung des Gestalters eine gewichtige Rolle.

Das klang wunderbar. Ikebana würde mir, gesundheitlich angeschlagen, und unseren noch weihnachtlich überladenen Räumen gut tun.

Ich wollte mich an einem Strauß im Nageire-Stil versuchen. Nageire sind Arrangements, die in hohen Gefäßen gestaltet werden. Sie wirken sehr frei, wörtlich übersetzt heißt Nageire „ins Gefäß geworfen“. Das passt natürlich gut für eine blutige Anfängerin und Autodidaktin wie mich. Die Zusammenstellung der Pflanzenstiele besteht aus drei Zutaten und Linien: Subjekt, Objekt und Sekundärlinie. Im Fokus steht die optische Ausgewogenheit der drei Elemente zueinander.

Ich habe mich für eine Umsetzung in einer sehr hohen naturfarbenen Vase in einer rauen Sandoptik entschieden. Denn ich wollte noch einmal mit einer großen Blume, einer Amaryllis (Hippeastrum), arbeiten. Aber nun im Januar nicht mehr in rot, sondern in rahmweiß rosa überhaucht und gefüllt.

Als erstes setzt man die Subjektlinie. In meinem Fall bilden sie die zwei langen Stiele der Korkenzieherweide (Salix matsudana). Mir gefällt besonders, dass sie sich so zur Seite neigen, dass sie wie eine Mondsichel wirken. Als Sekundärlinie und Füllmaterial habe ich das Grün von Heidelbeeren gewählt und so eingesteckt, dass sie sich zur Seite neigen. Das wunderschöne Objekt, der Eyecatcher, ist die Amaryllis. Da das Gefäß sehr hoch ist, schaut die Blüte gerade so aus der Vase heraus.

Die Japaner stellen ihre Ikebana-Gestecke auf die so genannten Tokonoma, eine ehemals als Familienaltar dienende Nische. Und da ich noch nicht einmal über einen Kaminsims verfüge, habe ich mein Gesteck auf einer strengen Vitrine platziert. Ein paar Weidenkätzchen bringen eine spielerische Note hinzu und symbolisieren die Hoffnung auf den Frühling. Der ebenfalls mächtige Leuchter aus Keramik komplettiert die schlichte Dekoration meiner Meinung nach sehr stimmig. Was sagst du?

Alle Fotos vergrößern sich durch anklicken.

Das von mir gekaufte Buch zur Inspiration und zum Einstieg ins Thema kommt aus dem Ulmer Verlag und heißt schlicht „Ikebana“ (Diane Norman, Michelle Cornell).

Ich verlinke den Ikebana-Strauß zum Blog Holunderblütchen.